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Steirische Naturfreunde Khan Tengri Expedition 2012

Gipfelerfolg am Khan Tengri (7010m) im zentralasiatischen Tien-Shan Gebirge!

Michael Haselsteiner (29, Expeditionsleitung) und Reinhard Auzinger (24) erreichen am 6. August den 7010 Meter hohen Gipfel!


Erfolgreich und unfallfrei zu Ende gegangen ist die am 19. Juli gestartet Expedition der steirischen Naturfreunde zum 7010 Meter hohen Khan Tengri (Herrscher des Himmels) in der kirgisisch, kasachisch, chinesischen Grenzregion im Tien-Shan (Himmels) Gebirge.

 

Nachfolgend der Reisebericht des vierköpfigen Teams, bestehend aus Michael Haselsteiner (29, Informatiker, Expeditionsleitung), Reinhard Auzinger (24, Student), Florian Reininger (35, Jurist) und Karl Brudna (34, Betriebswirt) über die Besteigung des vielleicht schönsten Berges des Welt:

 

Die Anreise zum Khan Tengri erfolgte über Bishkek, der Hauptstadt Kirgistans, der im Osten des Landes gelegenen Stadt Karakol und weiter zur aufgelassenen, ehemaligen sowjetischen Bergbaukolonie Maida Adyr (2500m). Nach einem Ruhetag in Maida Adyr wurden die verbleibenden rund 100 Kilometer ins Basislager am nördlichen Inylcheck Gletscher, dieser ist nach dem Baltoro Gletscher in Pakistan der zweit größte Gletscher der Welt, mittels Hubschrauber überwunden. In dem ca. 30 minütigen Flug änderte sich die Landschaft rapide. Über Anfangs noch grüne Wiesen und sanfte hänge ging es an immer größeren Bergen vorbei Richtung Khan Tengri. Das auf 4000 Meter gelegene Basislager befindet sich in einer bizarren Landschaft aus Fels und Eis. Der Khan Tengri mit seiner über 3000 Meter hohe Nordwand thront über dem Gletscher, man kann fast die gesamte, sehr direkte, Aufstiegsroute bis zum Gipfel vom Basislager aus einsehen. Ab jetzt haben wir keine Unterstützung mehr durch technisches Gerät, Hochträger oder ähnliches - die eigene Leistung ist ab sofort entscheidend. Auch werden wir keinen künstlichen Sauerstoff verwenden. Wir möchten den Berg aus eigener Kraft - "By Fair Means" besteigen. Einzig ein kleines Team unserer lokalen kirgisischen Agentur kocht für uns in der Zeit die wir im Basislager verbringen.

 

Wir erfahren, dass der Winter dieses Jahr im Tien-Shan sehr lange gedauert hat, dass es heuer sehr viel Schnee hat und der Khan Tengri in diesr Saison noch unbestiegen ist. Wir wissen aber auch, dass wir mit Michael und Reinhard am Khan Tengri (7010m) Gipfel 4 Wochen noch "lange" Zeit für die Besteigung haben, dass sich unsere Körper erst an die große Höhe (dieser Prozess wird Akklimatisation genannt) gewöhnen müssen und wir erst Ausrüstung auf den Berg transportieren müssen bevor wir einen Gipfelversuch starten können.

 

Mit schweren Rucksäcken starten wir zu viert am 24. Juli zur ersten Tour auf den Berg. Wir wollen ein Hochlager (Hochlager I) auf 4700 Meter errichten und nach Möglichkeit gleich am nächsten Tag weiter ins Hochlager II auf rund 5500 Meter steigen. Sehr langsam, wir spüren den schweren Rucksack und die Höhe bereits deutlich, steigen wir zuerst eine Stunde über der Gletscher, suchen uns einen gangbaren Weg durch das Spaltengewirr des nördlichen Inylcheck Gletschers, bis wir schließlich den Einstieg am Fuße des Nordsporn des Pik Petka erreichen. Der rund 6100 Meter hohe Pik Petka ist auf der Nordroute das Tor zu einem auf 5850 Meter gelegenen Sattel ab welchem sich der Westgrat über 1200 Höhenmeter zu Gipfel des Khan Tengri zieht. Bereits die Aufstiegsroute bis zum Pik Petka lässt das Alpinistenherz höher schlagen. Meistens direkt den Nordsporn / Nordgrat des Pik Petka folgend geht es über steiles, oft kombiniertes Gelände bergan. Viele Stellen sind bereits mit Fixseilen abgesichert. Wir können einen Großteil unserer Seile im Basislager zurücklassen und nehmen nur ein 60 Meter Seil mit, mit welchem wir besonders schwierige Stellen absichern wollen. Nach gut 4 Stunden erreichen wir ein kleines Felsplateau auf welchem wir unser Hochlager I errichten. Karl klagt über Kopfschmerzen, hat Probleme mit der Höhenanpassung. Am nächsten Morgen steigen Karl und Florian ins Basislager ab. Reinhard und ich wollen Hochlager II einrichten. Wie durch unseren Meteorologen Dr. Arnold Studeregger prognostiziert bringt das Wetter an diesem Tag durchgehend Schneefall. In teilweise knietiefem Triebschnee arbeiten wir uns mühsam höher. Als wir auf 5500 Meter ein Plateau erreichen auf welchem sich Hochlager II befindet tobt ein heftiger Schneesturm, von anderen Zelten fehlt jede Spur. Im kompletten Whiteout entscheiden wir uns an Ort und Stelle unser Zelt aufzubauen. Zu groß scheint uns das Risiko bei null Sicht in einer Gletscherspalte zu landen. Am nächsten Morgen sehen wir, dass wir unser Zelt nur etwa 30 Meter vom eigentlichen Lager entfernt aufgebaut haben. Wir verlegen unseren Zeltplatz und steigen ins Basislager ab um uns zu erholen.

 

Dort müssen wir leider erfahren, dass sich die Beschwerden bei Karl kaum gebessert haben, ein weiterer Aufstieg für ihn wohl zu riskant wäre und er für sich die einzig richtige Entscheidung getroffen hat die Expedition an dieser Stelle zu beenden. Für Florian, Reinhard und mich stehen die nächsten Tage ganz im Zeichen von Erholen und Entspannen. Wir waschen unsere Wäsche, genießen eine heiße Dusche, diskutieren die weitere Taktik und studieren unseren Wetterbericht. In diesem prognostiziert unser Meteorologe für den 31. Juli den Durchzug einer Kaltfront mit massiven Niederschlägen und Sturm. Da wir davor noch zur besseren Akklimatisation einen zweiten Aufstieg (diesmal bis zum Gipfel des Pik Petka auf 6100 Meter) durchführen wollen und aufgrund des Wetters wohl dafür nur rund zweieinhalb Tage zur Verfügung stehen, entscheiden wir uns eine taktische Variante zu versuchen. Da Reinhard und ich bereits im Hochlager II geschlafen und relativ viel Ausrüstung auf den Berg transportiert haben wollen wir versuchen mit leichterem Rucksack direkt vom Basislager die 1500 Höhenmeter ins Hochlager II aufzusteigen, und Tags darauf weiter zum Gipfel des Pik Petka gehen, dort die Nacht verbringen um dann rechtzeitig vor dem Eintreffen des Sturms wieder im Basislager zu sein. Da Florian zu diesem Zeitpunkt erst im Hochlager I geschlafen hat möchte er im selben Zeitraum nur bis ins Hochlager II steigen, dort schlafen und dann gemeinsam mit uns absteigen.


Gesagt getan. Am 29. Juli verlassen wir erneut unser Basislager. Reinhard und ich erreichen nach rund 7 Stunden bei sehr guten Bedingungen unser Zelt im Hochlager II. Wir spüren, dass wir uns bereits besser an die Höhe gewöhnt haben. Die Nacht verbringen wir sehr gut und so steigen wir am 30. Juli weiter Richtung Gipfel des Pik Petka. Dabei gilt es über 600 Höhenmeter in teilweise sehr anspruchsvollem Gelände zu überwinden. Nach ca. 5 Stunden erreichen wir den 6100 Meter hohen Gipfel. Zum ersten Mal sehen wir, was sich "auf der anderen Seite" des Berges befindet. Ein messerscharfer, ca. 500 Meter langer Grat zieht sich zum Gipfel des Pik Chapaev. Wir sehen den Weg hin zum majestätischen Westgrats des Khan Tengri. Der höchste Punkt des Khan Tengri scheint bereits zum Greifen nahe. Behelfsmäßig bauen wir unser kleines Biwakzelt auf. Es muss uns nur für eine Nacht Schutz bieten. Danach wollen wir ein Schneeloch graben und es dort sicher vor dem drohenden Sturm deponieren, denn wir werden es erst wieder bei unserem Gipfelgang benötigen. Die Nacht verbringen wir wiederum sehr gut. Am nächsten Morgen ist rasch ein Schneeloch gegraben, die Stelle mittels unserer Lawinenschaufel und einem GPS Punkt makiert und wir begeben uns auf den Abstieg. Noch vor dem Durchzug der Kaltfront erreichen wir unser Basislager.

 

Wie angekündigt trifft den Khan Tengri von Norden eine Kaltfront mit massiven Niederschlägen und somit viel Neuschnee. An ein begehen des Nordsporns ist nicht zu denken. Leider wird dadurch jetzt für Florian (er hat nur 3 Wochen Urlaub) die Zeit knapp und ein ernsthafter Gipfelversuch ist für ihn nicht mehr möglich. Reinhard und ich haben aber noch Zeit und ab 5. August soll sich außerdem für ein paar Tage gutes Wetter einstellen.

 

Am 3. August verlassen Reinhard und ich bei schlechtem Wetter unser Basislager am nördlichen Inylchek Gletscher. Die Nacht im Hochlager 1 bringt noch etwas Schneefall, Tags darauf steigen wir bei bereits etwas besseren Bedingungen zum Hochlager 2 und am 5. August steigen wir über den Gipfel des Pik Petka (zum Glück finden wir rasch unsere zuvor deponierte Ausrüstung) zum am Sattel zwischen dem nördlichen und südlichen Inylchek Gletscher gelegenen Hochlager 3 (5850m), dem Ausgangspunkt unseres Gipfelgangs auf. Als wir das Lager erreichen sehen wir den Westgrat direkt vor uns. Erneut wirkt der Gipfel ganz nahe. Dennoch trennen uns noch beinahe 1200 Höhenmeter vom Ziel unserer Träume. Hoffentlich wird das Wetter morgen genau so perfekt wie heute. Der Wetterbericht sollte Recht behalten. Um 1 Uhr in der Nacht beginnen wir mit den Vorbereitungen für unseren Gipfelgang. Auf engstem Raum in unserem kleinen Zelt schmelzen wir Schnee, frühstücken eine Kleinigkeit. Bei jeder Bewegung rieseln Eiskristalle vom Innenzelt auf uns herab. Von Müdigkeit keine Spur. Um 3 Uhr Nachts verlassen wir unser Zelt, machen uns auf den Weg – steigen in die Nacht. Es ist sternenklar, der Mond leuchtet uns den Weg, taucht den Westgrat in ein bizarres Licht. Die erste Stunde steigen wir über relativ leichtes Gelaende. Wir müssen keinen schweren Rucksack mehr tragen und kommen somit sehr gut voran. Bei Sonnenaufgang befinden wir uns bereits auf dem Westgrat. Eine wirklich beeindruckende Route die wir klettern dürfen. Obwohl es windstill ist, ist es bitterkalt. Die Sonne leuchtet bereits auf die umliegenden Gipfel im Tien-Shan. Uns werden ihre Strahlen erst nahe des Gipfels „wärmen". Auf rund 6500 Meter erwarten uns die Schluesselseillaengen des Westgrats. 200 Höhenmeter wunderschöne Kletterei im kompakten Fels lassen uns die Anstrengungen beinahe vergessen. Gegen 10 Uhr erreichen wir das steile Ausstiegscoloir (6700m) zum Gipfelaufbau. Wir denken, dass wir in ca. einer Stunde den
Gipfel erreichen würden. Weit gefehlt. Über mässig steile Schneefelder steigen wir weiter bergauf. Wir spüren die Anstrengung, spüren die Höhe. Nach etwa zwei Stunden treffen wir einen russischen Bergsteiger der gerade vom Gipfel kommt. Er gibt uns zu verstehen, dass wir noch eine Stunde benötigen werden, dass uns vom Gipfel noch 100 Höhenmeter trennen.

 
Um 12:30 Uhr Ortszeit (08:30 MESZ) ist es soweit. Reinhard und ich erreichen den höchsten Punkt des Khan Tengri, dem nördlichsten 7000er der Welt. Ein kleines Gipfelkreuz (wieso eigentlich) und ein Vermessungspunkt zieren den Gipfel. Die Grenzen von China, Kasachstan und Kirgistan treffen sich in diesem Punkt. Wir umarmen uns, machen ein paar Fotos, genießen die Aussicht. Nach ein paar Minuten am Gipfel begeben wir uns auf den Abstieg. Wir müssen hoch konzentriert bleiben, dürfen trotz Müdigkeit keinen Fehler machen. Gegen 17:00 Uhr erreichen wir wieder Hochlager 3. Wir sind sehr müde, haben keinen Appetit und verkriechen uns rasch in unsere Schlafsäcke. Bald wird die Nacht über dem Khan Tengri einbrechen, den Berg für diesen Tag ein letztes Mal in ein gleißendes Licht tauchen.


Unser Traum vom Khan Tengri ist Wirklichkeit geworden!


DI Michael Haselsteiner

(im Namen des Expeditionsteams)


Pressekontakt:
DI Michael Haselsteiner

Werk VI Strasse 10

8605 Kapfenberg

Österreich
Telefon: +43 (0)664 8103 308

eMail: michael.haselsteiner@gmail.com

Web: www.hami.at

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