Klettertrainingswoche Chamonix

Wenn das Wetter nicht will …

 

Die Klettertrainingswoche des Alpinkaders der Naturfreunde Österreich Ende März verlief wegen des schlechten Wetters nicht wie erhofft. Die Routenausbeute kann sich aber dennoch sehen lassen.

 

Text: Bernhard Bliemsrieder, Mitglied des Alpinkaders der Naturfreunde Österreich

 

Welchen Expeditionsbericht man auch liest, eine Hauptaussage ist meistens, dass eine Expedition aus langem Warten und wenigem, aber intensivem Klettern besteht. Vor diesem Hintergrund kann unsere Trainingswoche in Chamonix vom 23. bis 30. März 2013 unter der Leitung von Stefan Brunner als optimale Expeditionsvorbereitung gesehen werden. Schlechtes Wetter und viel Neuschnee bescherten uns ausreichend Zeit, unsere Qualitäten im Warten auf den richtigen Augenblick zu schulen.

 

Bei der Anreise (leider nur zu sechst, da Stefan Lengauer eine Verletzung auskurieren musste) hatte jeder von uns, obgleich man den Wetterbericht kannte, noch große Ziele vor Augen: Grandes Jorasses, Brenvaflanke. Die Liste, in stundenlangem Führerstudium entstanden, könnte man noch lange fortführen. Vielleicht würden wir ja doch den Verhältnissen ein Schnippchen schlagen! Wer kennt es nicht, dieses Schönreden von schlechten Bedingungen am Berg?

Doch schon die ersten Meter am Grat unterhalb der Aiguille du Midi mit einem Whiteout par excellence und einem ausgewachsenen Schneesturm am ersten Tag unseres Lehrgangs holten uns auf den Boden der Tatsachen zurück und ließen uns erahnen, dass diese Woche einiges an Geduld erfordern sollte. Wir zogen also unverrichteter Dinge ab und beschlossen, am Montag zumindest drytoolen (mit Eisgeräten am Fels) zu gehen.

 

Die knappgefasste französische Zustiegsbeschreibung für das Drytoolinggebiet „The Zoo“ sorgte zwar für einige Diskussionen im Team, die durchaus lange Suche im Wald wurde dann aber spontan zu einer Ausdauereinheit erklärt und war somit gerechtfertigt. Am Abend ließ der Wetterbericht eine gewisse Besserung erwarten, sodass für Dienstag erste Kletterpläne geschmiedet wurden.

Das Wetter am folgenden Tag war dann auch gar nicht mal so schlecht. Teile des Mont Blanc du Tacul waren in der Sonne, etwas tiefer lag Nebel, der uns nach kurzer Zeit verschluckte. Aber es reichte zum Klettern, und so holten sich Roli und Clemens eine Begehung der Modica-Noury am Tacul (III, 5+, 500 m), während Peter und ich im benachbarten Gabarrou-Albinoni Couloir  (III, 4+, 500 m) auf unsere Kosten kamen. Die anschließende Abfahrt übers Mer de Glace gestaltete sich aufgrund von Sichtweiten um die fünf Meter als recht spannend, bei Einbruch der Dunkelheit fanden sich jedoch alle wohlbehalten in unserer Herberge ein.

 

Wenn, dann morgen!

Schnell die Energiespeicher aufgefüllt, dann hieß es, den nächsten Tag zu planen. Dieser sollte nämlich der einzig wirklich schöne Tag der Woche werden, und so war klar: wenn, dann morgen!

Die ganz großen Routen blieben uns aufgrund des massiven Neuschneezuwachses verwehrt. Dennoch konnte jeder am Abend zufrieden zurückblicken. Stefan und Alex kletterten die Modica-Noury (III, 5+, 500 m), Roli und Clemens gelang eine lupenreine Begehung des Supercouloir mit Direkteinstieg (IV, 5+, M6, 800 m), und Peter und ich konnten in der netten Gesellschaft von Charlie und Ursi vom Deutschen Damen-Expeditionskaders das Valeria-Gully am Petit Capucin (IV, 4+, 400 m) klettern.

 

Dank dieser Routenausbeute konnten wir die Tatsache leichter ertragen, dass es nun mit dem Klettern für diese Woche endgültig vorbei war. Am Donnerstag und Freitag ließen erneute Schneefälle, hohe Windgeschwindigkeiten und null Sicht jede Hoffnung auf ein paar weitere Klettermeter zugrunde gehen. Vor der Heimreise nutzten wir freitags den Neuschnee zumindest für einige Schwünge auf Skiern.

 

Was uns von dieser Woche bleibt, sind unterhaltsame Stunden des Zeitvertreibs, das Wissen, das Beste aus den Umständen gemacht zu haben, und hauptsächlich die Erinnerung daran, dass es trotz bester Ausrüstung und gewissenhaften Trainings letztendlich doch die Berge sind, die uns Begehungen erlauben oder eben auch nicht.