Notfallseminar Warnsdorferhütte

Bestens gerüstet!

Üben für Notfälle, viele Tipps von Profis

 

Notfallseminar Hochtouren

Da das Unterwegssein in den Bergen natürlich immer ein gewisses (je nach Tour manchmal größeres, manchmal kleineres) Risikopotential birgt, ist es gut, für den Ernstfall gerüstet zu sein. Vom 26. bis 28. Juli 2013 fand daher in der Warnsdorfer Hütte in der Venedigergruppe ein Notfall- und Erste-Hilfe-Seminar statt.

Unsere Ausbildner an diesem Wochenende waren Marcellus Schreilechner, als Bergführer für den Seiltechnik- und Bergungsteil des Seminars zuständig, und Klaus Kritzinger, der uns als auf Höhenmedizin spezialisierter und expeditionserfahrener Arzt einen Einblick in die medizinischen sowie biologischen Aspekte des Höhenbergsteigens und in die Notfallmedizin gab. Die Inhalte wurden speziell im Hinblick auf unsere geplante Expedition in Südamerika zusammengestellt, die von Mitte Juli bis Ende August 2014 in der Cordillera Huayhuash stattfinden wird, einem Gebirgszug in den Anden. Da wir uns dort auf keinen Hubschrauber und kein Handy verlassen können, lernten wir Methoden, mit denen wir im Ernstfall auch ohne fremde Unterstützung sicher vom Berg herunterkommen.

Natürlich sind zweieinhalb Tage eine nicht allzu lange Zeit für ein derart wichtiges Thema; deshalb waren wir auch von früh bis spät entweder unterwegs oder im „Seminarraum“ der Warnsdorfer Hütte anzutreffen.

 

Am Freitag war um 16.15 Uhr Treffpunkt in Krimml. Die Warnsdorfer Hütte liegt ziemlich abgelegen im Talschluss des Krimmler Achentals; ein Zustieg zu Fuß bedeutet einen sechs Stunden langen „Talhatscher“ über eine Schotterstraße. Da es dafür aber schon zu spät war, verkürzten wir das Ganze mit Hilfe des Krimmler Hüttentaxis auf eine Stunde von der inneren Keesalm. Pünktlich zum Abendessen trafen wir in der Hütte ein. Danach war uns allen zwar eher nach einem gemütlichen Hüttenabend als nach Ausbildung zumute, allerdings saßen wir bereits wenige Minuten später in einem eigenen Raum und erfuhren bis kurz vor Mitternacht alles Mögliche über Notfall- und Erste-Hilfe-Techniken. Nun war jeder von uns schon gespannt darauf, das Gelernte am nächsten Tag in die Praxis umzusetzen.

 

Am nächsten Morgen ging es dann aufs Eis. Der Gletscher oberhalb der Warnsdorfer Hütte bietet ein optimales Übungsgelände für jegliche Art von Gletscher- und Spaltenbergungstechniken, und da wir nicht die einzige Kursgruppe auf der Hütte waren, fanden wir bereits eine gute Spur vor. Wir gingen bis zur höchstgelegenen Spaltenzone und fanden bald ein schönes ebenes Platzerl oberhalb einer großen, 50 m tiefen Spalte. Ein paar „tote Männer“ (= im Schnee vergrabene Pickel) zur Hintersicherung waren gleich vergraben, und wir begannen mit systematischer Spaltenbergung. Die Aufgaben reichten von sehr einfach zu lösenden Problemen (zum Beispiel Halten eines Spaltensturzes und Fixieren des Opfers sowie Aufprusiken, wenn es einen selbst erwischt hat) bis hin zu recht komplexen Szenarien wie Spaltensturz in einer Zweierseilschaft mit einem verletzten oder bewusstlosen Opfer. Verschiedenste Verletzungen wurden simuliert (Schulter, Knie etc.), und wir durften erkennen, dass das Schienen und Stabilisieren einer luxierten Schulter in einer Hütte oder auf festem Boden am Gletscher doch ein kleines bisschen leichter fällt als freihängend in einer 50-m-Spalte. Nachdem jeder einige Male sowohl Opfer als auch Retter gewesen war, machten wir uns auf den Rückweg zur Hütte. Um auch den Abtransport eines Verletzten zu simulieren, wurde noch einmal ein „Opfer“ gebraucht. Dass Clemens sich für diese Rolle wie geschaffen sah, bereute er in der darauffolgenden Stunde wohl mehr als nur ein Mal. Da wir keine Skistöcke mit hatten, bauten wir aus einem Biwaksack, überflüssiger Kleidung und einigen Reepschnüren einen behelfsmäßigen Akia, in dem Clemens über einige Steilstufen bis zum Gletscherrand transportiert wurde.

 

Nach dem Abendessen hielt Klaus einen Vortrag über Höhenmedizin und beantwortete uns anschließend in einer längeren Diskussion alle unsere Fragen.

 

Am Sonntagvormittag gab es ein weiteres Seminar über verschiedene Bergetechniken. Im nahen Hüttenklettergarten setzten wir die Theorie in die Praxis um. Auf dem Programm standen Ein-Mann-Bergetechniken im Fels, wiederum mit etlichen erschwerenden Umständen.

 

Alles in allem war es ein sehr lehrreiches Wochenende, nach dem vermutlich jeder von uns mit noch mehr Vertrauen in seine Fähigkeiten unterwegs sein wird. Denn sollte wirklich einmal etwas schief gehen, wissen wir uns jetzt besser denn je zu helfen.

 

Super Tipps von Gerlinde Kaltenbrunner

Am 27. September 2013 erlebten wir in Salzburg ein spannendes Alpinkader-Treffen mit Gerlinde Kaltenbrunner, einer der derzeit besten Höhenbergsteigerinnen der Welt. In einem persönlichen Gespräch mit Gerlinde wollten wir uns wertvolle Infos für die bevorstehende Expedition des Alpinkaders in der Cordillera Huayhuash holen.

 

Da wir Mitglieder des Alpinkaders in puncto Höhenbergsteigen noch relativ wenig Erfahrung haben, wollten wir dementsprechend viel wissen. Gerlinde beantwortete geduldig eine Frage nach der anderen und gab uns viele Tipps aus ihrer langjährigen Expeditionserfahrung - vom richtigen Trocknen der Socken bis hin zu Ratschlägen fürs Essen. Aber der wichtigste Punkt war: Man soll sich Zeit lassen und viel trinken! An diesem einen Tag mit Gerlinde lernten wir vermutlich mehr praktische Dinge als in fünf langen Tagen in Alpinklettertouren. Wir können nun voll motiviert mit den Expeditionsvorbereitungen starten.



Text: Peter Ehrengruber, Mitglied des Alpinkaders der Naturfreunde Österreich, Fotos: Marcellus Schreilechner

 

 

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