Abschluss-Expedition nach Indien - Tagebuch

Abschluss-Expedition nach Indien:

 

Vom 1. Juli bis 30. August 2017 hat der Alpinkader im Zanskar-Tal im Norden Indiens seine Abschluss-Expedion absolviert.

 


 

 

 

E X P E D I T I O N S T A G E B U C H

Expeditionstagebuch, Teil 3:

 

Von Kargil nach Padum

Erholt von der Besteigung unseres „Cerro Torre“ war es nun Zeit für einen Ortswechsel. Auf der Strecke Kargil & Padum hatten wir einen imposanten Berg mit einer gewaltigen Felswand gesehen und bereits abfotografiert. Dazu waren in unmittelbarer Nähe des Berges weitere Wände mit kürzerem Zustieg. Außerdem schien es, als könnte man nicht weit weg von der Straße das Basecamp inmitten schöner grüner Wiesen zwischen Blockfeldern beziehen. Also auf dorthin!

Am Morgen der Abfahrt kam allerdings statt der zwei bestellten Taxis nur eins. Laut unseres indischen Teams sollten wir uns einfach schon mal „slowly slowly“ auf den Weg machen. Die restlichen Sachen würden bald mit einem zweiten nachkommen. Nach der Aktion mit den Trägern waren wir jedoch eher skeptisch... Nach 6 Stunden Fahrt erreichten wir das Blockfeld bei dem Berg und fanden einen tollen Lagerplatz. Nur: trotz „slowly slowly“ und Pausen war das zweite Auto mit dem Gepäck immer noch nicht bei uns. Es begann: „Ok, ich hab einen Schlafsack, bin aber nur mit Flip-Flops gekommen.“ Jemand anderes:“ Ich hab keinen Schlafsack, aber Socken mit dabei. Gut dann lass uns die Nacht zusammen verbringen.

Es funktionierte am Ende aber doch noch, das zweite Taxi kam, wir hatten alle unsere Sachen wieder und konnten uns am Abend das Basecamp schön einrichten. Einziges Manko, was uns bereits, während der Lagerplatzsuche am Abend auffiel, zwischen den Wänden uns unserem BC befand sich ein Fluss. Leider aber nicht die Kategorie Fluss, bei der ein Durchwaten möglich wäre oder über die Steine hopsen. Eher Kategorie Wildwasserkajak oder Rafting. Dafür musste also noch eine Lösung her. Michi war am nächsten Tag gut motiviert und lief mit Walkie Talkies in die Richtung,in der laut Taxi Fahrer, nach einiger Zeit eine Brücke auftauchen sollte. Nach 2,5 Std. laufen und einer anderen wilden Flussüberquerung war Michi auf unserer Höhe, jedoch auf der anderen Flussseite. Das war keine Option! Die Lösung hieß also: Seilbrücke bauen!

Bewaffnet mit Bohrhaken, Seilen und Rollen suchten wir uns also zwei geeignete Blöcke. Um einen Stein wurde ein Seilende gebunden und konnte so zu Michi geworfen werden. Jetzt konnten wir das Seil über die Fixierungen aufspannen und Michi anschliessend per Rolle sicher zu uns kommen. Somit war das Problem gelöst und die Spiele konnten beginnen!

Timo und Thomas einigten sich darauf, den imposanten Berg über ein tolles Eiscolouir im oberen Teil anzugehen. Babsi, Michi und Lorin entschieden sich für eine 500 m hohe Felswand gegenüber des Lagers auf der anderen Flussseite. Team Eiscolouir stattete sich „fast & light“ mit nur einem gemeinsamen Schlafsack und einer Sitz-Isomatte aus.

Team Felswand rüstete sich vorerst nur für einen Tag aus, um einen Überblick von der Felsqualität zu bekommen.

Die Wand und die Kletterei stellten sich als wirklich schön heraus, mit immer wieder tollen Rissen und Schuppen. Also war der Plan am nächsten Tag mit mehr Material und Biwakausrüstung in die Wand zurückzukommen,um sie im besten Fall in zwei weiteren Tagen zu vollenden. Am nächsten Tag in der Wand waren wir super eingespielt und arbeiteten uns die Wand hoch. Ab und zu schauten wir uns auf der Kamera die abfotografierte Wand an, ansonsten liessen wir uns von den teils versteckten Strukturen einfach hochleiten und fanden dabei immer wieder tollen Kletterstellen, wie in Granitklettergebieten der Alpen. Am Ende gaben wir nochmal richtig Gas und konnten so kurz nach Einbruch der Dunkelheit aus der Wand aussteigen. Nach einem Abstieg auf der Rückseite waren wir gegen 22Uhr wieder am Fluss. Dieser war nun aber nicht mehr „zahm“ wie beim morgendlichen Überqueren, sondern hatte sich durch das Schmelzwasser tagsüber in einen reißenden, furchteinflößenden Strom verwandelt. Über die Seilbrücke waren wir zwar gesichert, mussten uns aufgrund der Wasserhöhe aber trotzdem durch einen Teil des Flusses kämpfen. Babsi wurde teils in den Fluss  gezogen, Michi komplett. Völlig durchnässt und frierend liefen wir zurück zum Lager, wo uns dann aber ein leckeres Abendessen und ein heißer Chaitee erwartete. Deshalb nannten wir unsere Erstbegehung „My local river is a nightmare“ am „Rangdum´s afterwork pillar“ .

Im Lager waren bereits auch Thomas und Timo. Diese hatten das Eiscolouir und den anschliessenden Grat zum Gipfel in 2 Tagen durchstiegen,jedoch mit einem bitterkalten Biwak auf 5600m. Passend zum Abschluss unserer Expedition erhielt die Route den Namen: „The last stand“.

 

Die letzten Tage, bevor uns das Taxi in Richtung Leh abholen sollte, nutzten wir um die Boulderblöcke zu erkunden, zu lesen und natürlich als ständiges Highlight dreimal am Tag mit warmen Essen verwöhnt zu werden.

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Expeditionstagebuch, Teil 2:

 

Padum – Sani

Nach unserem leider nicht gelungenem Start zum Expeditionsziel wollten wir vor allem 2 Dinge: raus aus dem Staub und endlich rein in die Wände. Der Abschied von unseren Trägern fiel uns nicht sehr schwer (mit Ausnahme von Mr. Jack vielleicht) und nachdem uns vom diebischen Jungvolk alles Gestohlene zurückbezahlt worden war gings in holpriger und hoffnungsvoller Fahrt zurück Richtung Kargil.

 

Dort hatten wir während unserer Anreise die Headwall eines vielversprechenden Granitgipfels gesehen – sollte sich da etwa das Patagonien Indiens versteckt halten? Nach den letzten Tagen, die sich irgendwo zwischen Karneval und tragischer Komödie abgespielt hatten, war es jedenfalls höchste Zeit für gutes Karma und etwas Glück! Ein Zwischenstopp in Padum mit Internet (der Begriff High-Speed bekomme hier nochmals eine ganz neue Bedeutung), Chips, Cola und Bier beruhigte die Nerven und gab neuen Mut. Nach einer kurzen Autofahrt kam der Berg in Sicht und überzeugte uns sofort – dies war der Cerro Torre Indiens und unsere Chance, ein geniales alternativ Expeditionsziel zu finden! Kurzerhand schlugen wir unser Basecamp innerhalb der Mauern eines buddhistischen Frauenklosters unterhalb des Tales auf und waren wenige Stunden später bereits mit schweren Rucksäcken unterwegs Richtung Wand. Schwachen Yakspuren folgend gings jetzt stundenlang über Blöcke aufwärts und 1000 Höhenmeter später entdeckten wir tatsächlich das Patagonien Indiens. Der Cerro markierte nur den Anfang einer Arena aus jungfräulichen (so glaubten wir) Granitgipfeln, die aus einem zerklüfteten Gletscher wuchsen. Als wir am Abend auf knapp 5000 Hm vor unseren Zelten saßen, fühlte es sich erstmals danach an, was es sein sollte: endlich Expedition!

Nach einer kuscheligen Nacht zu dritt in einem kleinen 2-Mann-Zelt (Lorin und Timo hatten den Luxus eines 2 Mann Zelts) war am nächsten Tag Erkunden und Kopfweh angesagt. Da sich der Cerro abweisend zeigte, suchten wir fürs Erste nach neuen  Linien auf andere Gipfel. Heraus kamen 2 tolle Neutouren: „Team Eisgully“ (Tom + Babsi) holten sich über eine geniale Mixed- und Felslinie die Erstbesteigung eines 5500ers (400 hm, M6, 5c+, 60°), während „Team Schneeberg“ – man lasse sich von dem Namen nicht täuschen - (Michi, Lorin, Timo) eine neue Linie durch die Südflanke (1000hm, 55°, 4c) eines 6000ers legten. Weder rebellierende Mägen, seilfressender Steinschlag noch Abalakov-Abseiler bis in die Abendstunden konnten unsere ausgehungerten Teams aufhalten und so saßen wir abends alle glücklich und müde vor unseren Zelten. Von Ciapati und Curry träumend, waren wir am nächsten Tag in Rekordzeit im Basecamp und ließen uns von unserem Koch Jagdish solange mästen, bis wir uns für einen ernsthaften Versuch auf den markanten Cerro zu klettern bereit fühlten. Nach 3 Tagen ging es wieder los, der Aufstieg war schnell bewältigt, das Travellunch gekocht und die Schlafordnung ausgemacht, da begann es schon munter zu schneien. Am nächsten Morgen wachten wir im Winter auf, also hieß es den Tag auszuharren und auf den nächsten zu warten. Den Schlechtwettertag überstanden wir aber auch gut dank Tom´s Filmesammlung. Um 4 Uhr morgens klingelte der Wecker und wir konnten hoffnungsvoll mit schweren Rucksäcken starten. Dank toller Teamarbeit kamen wir gut voran, und Michis und Timos motivierter Handbohrereinsatz sicherte uns bereits das Abseilen. Über tolle Granitkletterei à la Chamonix, gespickt mit Schuppen und Rissen, gings immer höher, bis wir vor einer steilen leicht überhängenden Wand standen – das musste die Gipfelwand sein! An Freiklettern war nicht zu denken, Timo setzte seine Technoklettereitricks ein und bald standen wir am… Vorgipfel. Über einen scharfen Grat würden wir mit spannenden Abseilmanövern (denen das nächste Seil zum Opfer fallen sollte) zur Gipfelnadel kommen, doch für heute wars genug. Im letzten Abendlicht fixierten wir die letzten drei Seillängen, seilten ein Stück wieder ab und machten es uns auf einem Band bequem. Tom, Lorin und Babsi wühlten sich ein kuschliges 5-Sterne-Sitzbiwak, während Timo und Michi die echte Alpinistenvariante wählten: eine „oleidige“ (= auf dt. „abfallende“) Platte, die nicht nur für maximalen Schlafkomfort, sondern auch für nächtliche Adrenalinausschübe sorgte. Die Biwaknacht verlief ohne größere Zwischenfälle und unsere Fixseile waren ebenfalls heil geblieben, an denen wir in der Früh wieder aufstiegen. Lorin´s Riecher für versteckte Risse zeigte uns eine schwache Stelle in der Gipfelwand und nach 3 spannenden Seillängen standen wir endlich auf unserem Cerro. Dort wartete die nächste Überraschung: eine verräterische Kevlarschlinge, die uns bis heute Rätsel aufgibt. Entweder hatten uns die Nonnen oder Mr. Jack und seine Esel den Gipfel weggeschnappt, doch unsere Erstbegehung über die Westwand gehörte definitiv uns. Jetzt wartete nur noch der Abstieg über die Route, und Michi konnte vorausschauend die wichtigsten Details ans Basecamp funken: „Tomorrow, 10 o´clock, we come. Hungry!“ 

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Expeditionstagebuch, Teil 1:

Der Abflug nach Delhi startete pünktlich und Barbara Vigl (27), Lorin Etzel (28), Michael Groher (29), Thomas Holler (21) und der Expeditionsleiter Timo Moser (31) sind guter Dinge. Nur Patrick Freundenthaler (26) konnt leider aufgrund einer Verletzung nicht mit fliegen. In Dehli angekommen, ging es gleich weiter nach Leh,. Dort empfing uns ziemlich erschöpft ein netter Mann mit einem Schild "Mr. Barbara" - also nichts wie hin zu ihm.

Mit dem Jeep ging es durch Leh, wobei uns gleich einmal bewusst wurde, dass hier sich nicht nur die Fahrseite von unserer „Heimat“ unterscheidet! Am Nachmittag trafen wir dann unsere drei Begleiter Jeewan, Jagdish, Dharm die uns für die nächste Zeit in Indien unterstützen werden. Wir gingen mit ihnen nochmals alles durch und machten uns auf den Weg zu einer kleinen Stadtbesichtigung. Von Leh war unser nächstes Ziel Kargil was wir nach einer ca. 6 stündigen Autofahrt erreichten. Kargil selbst ist eher wenig attraktiv, sehr laut und schmutzig. Uns diente es jedoch nur als Zwischenhalt für die Weiterfahrt zu dem Ausgangspunkt unseres eigentlichen Ziels: Padum.

 

Padum:

Wir erreichten es nach einer gefühlt unendlich langen Busfahrt (ca. 14 Stunden auf Schotterpiste) und checkten in unser Hotel mit dem Motto „danke haben genug“ ein. Am nächsten Morgen sollte es aber dann endlich soweit sein und wir trafen uns mit unseren Trägern um in 4 tägigen Fußmarsch über den Poat La - Pass dann unser Basecamp zu erreichen. Als zwei Stunden nach der vereinbarten Uhrzeit noch immer keine Spur eines Trägers ersichtlich war, machten wir uns langsam Sorgen, da dies selbst für indische Verhältnisse merkwürdig war. Schlussendlich tauchte dann doch ein Jeep mit unseren Trägern auf, jedoch nur mit 10 anstelle der 20 vereinbarten Trägern. Nach langem Hin und Her mussten wir feststellen, dass unser gesamtes Gepäck einschließlich Küchenequipment (25 Ladungen) so niemals transportiert werden kann. Unsere Stimmung war schon halbwegs im Keller, wir mussten trotzdem das Beste daraus machen und gingen eine kleine Runde wandern. Morgen sollten 24 Träger inklusive Yaks kommen, wurde uns zumindest zugesichert und wir hofften so mit einem Tag Verzug doch weiterzukommen. Ein Träger blieb uns treu und wollte mit uns bis am nächsten Tag warten, wir tauften ihn auf den Namen „Jack“. Jack war ein kleiner lustiger Mann mit Hut, Sonnenbrille, Sakko bekleidet und dem Alkohol (vor allem seinem selbstgemachten Whisky) nicht abgeneigt. Als am nächsten Tag dann nur 16 Träger und unter ihnen viele junge Burschen da waren, war ein Erfolg unser Gepäck ins Basecamp zu bringen schon sehr weit in die Ferne gerückt. Dennoch wollten wir es nicht unversucht lassen und marschierten los, allen voran Mr. Jack! Nach Stunden des Hin und Her’s der Tierquälerei, des Gepäckverlusts von den Yaks und halbherzigen Wiederaufladens war klar, dass wir unser Tagesziel niemals erreichen werden. Wir waren enttäuscht wie offensichtlich unqualifiziert und unmotiviert die Träger agierten. Alles hatte keinen Zweck und wir mussten unser ursprüngliches Ziel aufgeben.

 

Nicht das Wetter, die Verhältnisse, noch unsere Vorbereitung waren Schuld an der Tatsache das unser Ziel unerreichbar wurde. Dieser Umstand war uns allen neu, aber diesem Fakt mussten wir in’s Auge schauen! Als wäre das Alles nicht genug, stellten wir fest, dass Kleinigkeiten aus unseren Gepäckstücken fehlten, allen voran 170 Euro von Babsi! Nach großem Streit und Diskussion konnten wir das Geld von Babsi zurückgewinnen!

 

Wir waren frustriert, enttäuscht und wollten nur noch weg von hier! Das Blatt sollte sich rückblickend jedoch zum positiven wenden, lese dazu mehr im Expeditionstagebuch Teil II.

 

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