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Priel-Klettersteig: die neue Superlative in den Ostalpen

 War bis dato die Super-Ferrata am Dachstein oder der Königsjodler-Klettersteig am Hochkönig das Maß der Dinge beim Klettersteiggehen, muss man sich ab diesem Sommer in Richtung Oberösterreich zum Toten Gebirge wenden. An der höchsten Erhebung dieses Gebirgszuges wurde vom Team um Heli Steinmassl die vermutlich längste Steiganlage der Ostalpen geschaffen. Wenn man 900 Hm am durchgehenden 2130 m langen Stahlseil hängt und sich dabei immer im oberen und mittleren Schwierigkeitsbereich bewegt, ist das Durchhaltevermögen bis zum Ende ausgereizt!

Text und Fotos: Axel Jentzsch-Rabl, Alpinverlag

 

Im November 2018 gehörten Martina Rabl, Dieter Wissekal, Erhard Mitsche und ich zu den Ersten, die sich den Priel-Klettersteig in einem Stück anschauen durften. Wir waren von der neuen Klettersteiganlage, die heuer im Juni eröffnet wurde, total begeistert: Nach jeder Ecke kommt ein neues Abenteuer, mit jedem Schritt nimmt die Ausgesetztheit zu, an den leicht überhängenden Leiterpassagen im oberen Drittel baumelt man mit sehr viel Luft unter dem Körper hoch über dem Goldkar. Beim mächtigen knallroten Gipfelkreuz lässt man den Blick in die weiten Ebenen im Norden und die Bergwelt im Süden schweifen.

Gelungen ist dieses Meisterstück des Klettersteigbaus durch eine „Trick“: Man hat den bekannten Klassiker Bert-Rinesch-Klettersteig mit dem nicht so bekannten Südost-Sporn-Klettersteig durch eine sehr lange Querverbindung zu einem tollen Gesamtwerk verbunden. Die lange Ferrata ist ein Mix aus Actionsteig (unten gibt es Seilbrücken, ausgesetzte Traversen und Höhlen) und langem alpinem Klettersteig mit Gipfelgrat. Das Stahlseil endet direkt am Gipfel des Großen Priels - perfekter kann man eine Klettersteigtour nicht abschließen!

 

Nur für sehr Konditonsstarke

Diese Ferrata darf man nicht auf die leichte Schulter nehmen. Wer vom Tal aus - quasi in einem Rush - hinauf bis zum Gipfel will, muss 2100 Hm bewältigen, und am Ende machen sich auch bei gut trainierten Bergsteigerinnen und Bergsteigern deutliche Ermüdungserscheinungen bemerkbar. Dann kommt noch der lange, im Bereich der Brotfallscharte mit Altschneefeldern etwas heikle Abstieg ins Tal. Die letzten flachen, so gar nicht enden wollenden Meter bis zum Parkplatz bei der Polsterlucke ziehen einem noch die letzte Energie aus dem bereits schlaffen Körper.

 

Wer diese Mega-Ferrata genießen will, kehrt am besten im Prielschutzhaus ein und teilt das Klettersteigabenteuer in zwei Etappen. Am ersten Tag stößt man bis zum Südostsporn (1890 m) vor und kehrt von dort via Notausstieg zum Schutzhaus zurück. Also ähnlich wie beim Höhenbergsteigen, wo beim Akklimatisieren die Schlafhöhe immer unterhalb der maximal erreichten Tageshöhe liegen soll. Diese Taktik hat den Vorteil, dass man mehr Zeit und Kraft hat, sich an der wunderbaren Landschaft an der Südseite des Großen Priels zu erfreuen. Man hat viel weniger Stress und kann den „Akklimatisationstag“ gemütlich auf der Hüttenterrasse ausklingen lassen. Am nächsten Tag nimmt man dann den ganzen Klettersteig in Angriff.

 

Fazit:

Wer die nötige Kondition hat, sollte sich diesen Eisenweg auf keinen Fall entgehen lassen!

Weitere Informationen

TOURENINFO

Ausgangspunkt: Parkplatz Polsterlucke, 625 m

Stützpunkt: Prielschutzhaus, 1420 m

Schwierigkeit: D

Höhendifferenz: Steig: 900 Hm ↑,
gesamt: 2100 Hm ↑

Gesamtzeit: 11,5 Std.

Achtung: Den Klettersteig sollte man nur bei sehr stabiler Wetterlage begehen; in der oberen Wandhälfte ist ein Rückzug problematisch. Wegen der schattigen Höhenlage hält sich auf einigen Teilen des Klettersteigs und am Abstieg oft länger Schnee (Altschneereste). Nach Regenfällen trocknet der Klettersteig nur langsam ab.

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