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Winterfreuden im Schmirn- und Valsertal

Auf der Brennerautobahn kommt man an zwei wunderschönen, vergleichsweise naturbelassenen Seitentälern des Wipptals vorbei: am Schmirn- und Valsertal, wo einen herrliche Schi- und Schneeschuhtouren erwarten.

Text und Fotos: Michael Pröttel, Journalist, Fotograf und Geograf

 

Auf der spontanen Suche nach einem Wochenendquartier für eine achtköpfige Schitourengruppe in den Brennerbergen hatte eine kleine Pension in St. Jodok, das zu den Gemeinden Vals und Schmirn gehört, noch Plätze frei und gewährte dadurch nicht nur Eintritt zu ihren gemütlichen Zimmern, sondern auch zu einem von mir bislang übersehenen Schitouren-Dorado: Die Karte verzeichnet für das Schmirn- und Valsertal zwanzig Schitouren, deren Schwierigkeitsspektrum von der gemütlichen Halbtagestour auf die Ultenspitze bis zur hochalpinen Winterbesteigung des Olperers reicht.

 

Die beiden Seitentäler des Wipptals reihen sich in eine kleine, aber sehr feine Riege von Winterdestinationen ein, an denen der ab den 1960er-Jahren einsetzende Erschließungswahn mit Pistenautobahnen und Retortendörfern fast spurlos vorübergegangen ist. Was im Idealfall bedeutet, dass man nur naturnahe Wintersportmöglichkeiten vorfindet und auch die Gastronomie für möglichst nachhaltige Konzepte offen ist. Ein gutes Beispiel hierfür ist der Gasthaus „Olpererblick“. Als Wirtin der Genussregion „Nordtiroler Grauvieh“, die sich der extensiven Haltung dieser alten und robusten Rasse verschrieben hat, legt Kathi Früh großen Wert auf regionale, traditionelle Küche. Im Schmirntal aufgewachsen konnte sie sich während ihrer Ausbildungszeit in Innsbruck zunächst nicht vorstellen, nach Toldern zurückzukehren. Jetzt ist sie glücklich, dass sie das Gasthaus ihres Vaters übernehmen konnte. „Ich liebe einfach die unglaubliche Ruhe, die das Schmirntal ausstrahlt“, erzählt die sympathische Wirtin.

 

Schließlich gab es in den 1960er-Jahren am Fuße des Olperers Pläne, das Schmirntal mit Liften und Pisten mit dem Hintertuxer-Gletscher-Schigebiet zu verbinden. Was freilich (und dieser historische Exkurs sei erlaubt) nichts damit zu tun hatte, dass das Tuxer Joch schon in Vorzeiten eine besondere Verbindung zwischen Tuxer- und Schmirntal darstellte. Da Hintertux kirchlich zum Wipptal gehörte, mussten die Särge mit den Verstorbenen beschwerlich über den 2338 Meter hohen Pass und durch das Schmirntal zum Friedhof in Mauern getragen werden, wo sie bestattet wurden.

 

 

Sanfter Tourismus

Begraben wurden nicht nur zur Freude heutiger Schitourenfans letztendlich auch die Pläne des Schigebietsanschlusses. Auch für SchneeschuhgeherInnen und LangläuferInnen ist es ein ungleich größeres Naturerlebnis, in einem Tal ohne Hotelbunker und Großparkplätze unterwegs zu sein. Die beiden 6,5 Kilometer langen Loipen im Schmirntal sind aufgrund der Höhenlage zwischen 1400 und 1600 Metern sehr schneesicher und werden bis ins Frühjahr gepflegt.

 

Um sich ein Bild von diesem naturnahen, von gewaltigen Bergflanken eingerahmten Winterjuwel zu machen, hilft auch ein Blick auf die Statistik. Gerade einmal 1400 Menschen leben in den beiden jeweils zwölf Kilometer langen Tälern. Das Gemeindegebiet erstreckt sich von St. Jodok bis zum Olperer und somit über eine gewaltige Vertikaldistanz von 2400 Metern.

 

Bei der Verabschiedung vor unserer letzten Schitour bringt nette Wirtin Gertraud von der Pension „Haus Gertraud“ in Toldern, das Potenzial ihrer Heimat auf den Punkt: „Es ist toll, dass auch immer mehr junge Menschen im Winter ins Schmirntal kommen, obwohl oder gerade weil es hier kein Schigebiet gibt. Man merkt einfach, dass immer mehr Menschen auf der Suche nach Ruhe sind.“ In den letzten Jahren haben daher einige Pensionen ihr Bettenangebot etwas erweitert. Und damit die Gäste von den verschneiten Berghängen auch sicher herunterkommen, hat Kathi Früh in der Nähe ihres Gasthauses einen LVS-Lehrpfad eröffnet, wo Schneeschuh- und SchitourengeherInnen den Einsatz ihrer Lawinenverschütteten-Ausrüstung üben können.

 

 

Tourentipps

Schneeschuhtouren

(Anstiegszeit/Höhenmeter/Ausgangspunkt)

 

Kapelle Kalte Herberge (1570 )

Leichte, kurze Einstiegstour, auch am Anreisetag nachmittags noch gut möglich

45 Min./170 Hm ↑/Toldern

 

Leiten (2078 m)

Einfache Schneeschuhwanderung am Beginn des Schmirntals, die auch bei nicht so guten Bedingungen fast immer machbar ist; mit Ultenspitze (siehe Schitouren) verlängerbar

2 Std./640 Hm ↑/Schmirner Stadl

 

Padauner Berg (2230 m)

Wunderschöner Anstieg über zumeist recht lichte, westseitige Waldhänge. Auch für Schneeschuheinsteiger geeignet. 

2 Std./630 Hm ↑/Padaun

 

 

Schitouren

(Anstiegszeit/Höhenmeter/Ausgangspunkt)

 

Ultenspitze (2179 m)

Schöner Anstieg durch Waldschneisen und über freie Almweisen zu tollem Aussichtsberg

2 Std./770 Hm↑/Schmirner Stadl

 

Olperer (3476 m)

Schwere, konditionell und technisch anspruchsvolle Schihochtour, langer Schlussgrat; trotz Stahlseilversicherungen II UIAA

6-8 Std./2000 Hm ↑/Parkplatz Wildlahnertal

 

Gammerspitze (2537 m)

Großartiger Anstieg durch eine breite nicht enden wollende Steilrinne; mittelschwere Tour, nur bei sicheren Verhältnissen unternehmen!

3 Std./1200 Hm ↑/Schmirn-Aue (beim ehemaligen Gasthaus Jenewein)

 

Schöberspitzen (2602 m)

Abwechslungsreiche mittelschwere Schitour, bei der der Gipfel zu Fuß bewältigt wird, schöne westseitige Abfahrtshänge

3 Std./1100 Hm ↑/Parkplatz Wildlahnertal

 

Jochgrubenkopf (2453 m)

Im unteren Teil waldreicher Anstieg, in der zweiten Hälfte folgt ein langer, ungegliederter Nordhang (500 Hm); mittelschwere Tour

2,5 Std./850 Hm ↑/Schmirn, Ortsteil Kasern

 

Fischers Napf (2493 m)

Schnell erreichbares Gipfelziel im Hinteren Schmirntal, im oberen Teil traumhaftes Schigelände, das einige Abfahrtsvarianten ermöglicht; mittelschwere Tour.

2,5 Std./900 Hm ↑/Schmirn, Ortsteil Kasern

 

Vennspitze (2390 m)

Beliebter westseitiger Schitourenklassiker, auch für AnfängerInnen geeignet

2 Std./800 Hm ↑/Padaun

 

Silleskogel (2418 m)

Nach Waldbereich wunderschönes Schigelände, in dem sich dank der NW-Exposition Pulver lange hält. Es handelt sich um eine mittelschwere Schitour. 

2,5 Std./950 Hm ↑/5. Kehre auf der Zufahrt nach Padaun

 

 

Rodeln

Rodelbahn Kalte Herberge, Rodelbahn Padaun, Rodelbahn Schwarzer Brunnen (insgesamt 4,5 km)

Windbichl
Weitere Informationen

Anreise: Mit der Bahn bis Innsbruck und von dort nach Steinach am Brenner; von hier mit dem Bus 4144 ins Schmirntal; mit dem PKW fährt man auf der Brenner-Autobahn bis zur Ausfahrt Matrei/Steinach und über Steinach nach St. Jodok.

 

Unterkünfte: Nette und günstige Pensionen gibt es in St. Jodok, Schmirn, Toldern und Kasern. Weitere Infos: www.wipptal.at („Schmirn- und Valsertal“ anklicken), www.bergsteigerdoerfer.at

 

Literatur: Ulrich Kössler, „Skitouren im Wipptal“, Athesia Tappeiner Verlag; Birgit Hofbauer, „Rund um Innsbruck. Stubaier Alpen - Tuxer Alpen - Karwendel. 50 Touren“, Rother Schneeschuhführer, Rother Verlag

 

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