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Sommerfreuden in Hülle und Fülle

Klettersteige begehen, anspruchsvolle Bergtouren machen, Abenteuer erleben, mit der ganzen Familie wandern, biken und baden  ja, das alles kann man in der herrlichen Bergwelt rund um den steirischen Erzberg unternehmen!

 

Einer Sage zufolge wurde in einer Wassergrotte nahe dem Leopoldsteiner See ein Wassermann gefangen. Für seine Freilassung soll er den Menschen den Erzberg und damit „Eisen auf immerdar“ geschenkt haben. Jahrhundertelang gründeten Arbeit und Reichtum der Region auf den größten Erztagebau Mitteleuropas. Aber was währt schon „immerdar“?

Heute ist sich die Region auch anderer Stärken bewusst: ihrer landschaftlichen Schönheit und der großartigen Bergwelt rund um den Erzberg. Sie entwickelt sich immer mehr zu einem alpinen  Freizeitparadies mit nahezu unerschöpflichen Möglichkeiten.

 

Blumenberge

Aufgrund der komplexen Geologie ist auf den Bergen rund um Eisenerz, Vordernberg und Radmer eine Vielfalt von Blütenpflanzenarten entstanden, wie man sie sonst auf so engem Raum kaum antrifft. Das hat so manchem Gipfel das Prädikat „Blumenberg“ eingebracht.

Ein solcher ist zum Beispiel der Trenchtling; Ausgangspunkt für die Besteigung ist der Präbichl, wo sich zwei Hüttendörfer als Stützpunkt für Wandergruppen und Familien anbieten. Wer sich von hier aus im Frühsommer mit dem Sessellift auf den Polster tragen lässt, entdeckt  in der Waldzone unter sich die letzten blühenden Schneerosen, höher oben  stehen Petergstamm und Enzian schon in voller Pracht. Wandert man weiter zum Hochturm, dem höchsten Gipfel des Trenchtlings (2 Std.), kommt man zu einem Meer von Bergblumen, und der Weg über die Hochfläche und den Edelweißboden zum Hiaslegg (4 Std.) führt an Tausenden kleiner Edelweißsterne, roter Clusius-Primeln und duftender Kohlröschen vorbei. Lohnende Wanderziele für Natur- und BlumenliebhaberInnen sind u. a. auch Reichenstein, Reiting, Wildfeld und Hochblaser - den ganzen Sommer über!

 

Klettersteige

Eisenerz hat sich in den letzten Jahren als Klettersteigzentrum weit über die Grenzen Österreichs hinaus einen Namen gemacht: Die nach modernsten Sicherheitsstandards errichteten Klettersteige am Pfaffenstein, Hochblaser und Kaiserschild zählen zum Feinsten, was Klettersteigfreaks erwarten dürfen.

 

Der Klassiker unter den Klettersteigbergen ist der Pfaffenstein. Seit vielen Jahrzehnten schon gibt es mit dem Markussteig (A, eine Stelle A/B) und dem Südwandsteig (Schrabachersteig, A/B) zwei gut versicherte Wege zum Gipfel. 2005 wurde von den Naturfreunden zusätzlich der weitaus schwierigere Eisenerzersteig (C/D) errichtet. Ausgesetzte Wandpassagen und eindrucksvolle Tiefblicke auf Eisenerz machen ihn zu einem echten Hit.

 

Durch die Südwestwand des Kaiserschilds führt ein Klettersteig der Sonderklasse – der bereits legendäre „Kaiserschild“. Seine Steilheit ist atemberaubend, der Fels ist rau und fest, die Ausblicke sind traumhaft. Mit dem „Schwarzen Quergang“ und der 40 m langen spektakulären Hängebrücke knapp unter dem Ausstieg gibt es Highlights, die eine Begehung unvergesslich machen. Allerdings ist er nur wirklich erfahrenen Klettersteiggeherinnen und -gehern zu empfehlen (D/E, meist C/D, selten leichter).

 

Ein großes Erlebnis, das in den Ostalpen seinesgleichen sucht, erwartet einen am Kaiser-Franz-Joseph-Klettersteig hoch über dem Leopoldsteiner See. Die Seilversicherungen führen mitten durch die Wandflucht der Seemauer auf den Hochblaser - eine anstrengende Tour mit 860 Höhenmetern (D, oft C/D). Mit der Zusatzvariante durch die 70 m tiefe Rosslochhöhle (D, eine Stelle E) ergibt sich eine Gesamthöhe von fast 1000 m.

 

Auf der anderen Seite des Präbichls liegt Vordernberg, Ausgangspunkt für den Grete-Klinger-Steig (Stellen B/C, überwiegend leichter). Vom ersten Gipfel, dem Fahnenköpfl geht der Blick fast senkrecht hinunter auf den historischen Markt mit seinen sehenswerten Baudenkmälern (Schmelzöfen, Radwerke, Radmeisterhäuser). Man schaut den altehrwürdigen Vordernberger Häusern direkt in den Schornstein hinein. Dann folgt der Steig dem langen Gratverlauf über die Vordernberger Mauern. Er endet am Präbichl oder - wenn man will - auch auf dem Gipfel des Eisenerzer Reichensteins. Von hier aus kann man noch spätabends den Sonnenuntergang genießen, denn nur wenige Schritte entfernt liegt in 2136 m Höhe die moderne, gemütliche Reichensteinhütte.

 

Ein großes Abenteuer

Ein Erlebnis ganz anderer Art ist die Gesamtüberschreitung der Eisenerzer Alpen: alle Gipfel des Hauptkamms vom Präbichl bis ins Ennstal in einem Zug! Das ist kein Weitwanderweg im üblichen Sinn, sondern eine alpine Tour mit großen Anforderungen an Kondition, Orientierung und Trittsicherheit. Mehr als 20 Gipfel, die meisten davon Zweitausender, 5800 Höhenmeter, mehr als 70 km Wegstrecke, 30 Stunden reine Gehzeit – das sagt alles.

Nach der ersten Teilstrecke, dem stellenweise versicherten „Theklasteig“ hat man eine Abstiegsmöglichkeit nach Eisenerz. Wer weitergeht, darf ruhig ein Biwak einplanen, denn zwischen Reichenstein und Mödlinger Hütte gibt es keinen Stützpunkt.

 

Diese Tour ist etwas für Schnelle am Berg - oder auch eine wunderbare Möglichkeit des Wanderns ohne strengen Zeitplan, mit etwas Proviant  und einem leichten Schlafsack im Gepäck. Bleiben, wo es am schönsten ist, Ankunftszeit offen. Innere Ruhe als Herausforderung und Abenteuer!

 

Steiler Fels

Eine der schönsten Formen, einen Berg zu „begreifen“, ist Klettern. Rund um Eisenerz und Vordernberg gibt es viele lohnende Routen in rauem, festem Kalkfels. Klassisch sind die Grattürme (4+) an der Vordernberger Griesmauer, sportlich (5-8) die neuen Wege am Pfaffenstein und Hochturm. Viele davon wurden von jungen Eisenerzer Kletterern eröffnet und sind zumeist gut abgesichert. Die Routen stehen zwar im Schatten der großen Gesäuse-Touren, bieten aber beste Voraussetzungen für genussreiche und unbeschwerte Kletterstunden.

 

Almenparadies Radmer

Die Radmer, ein stilles Seitental des Erzbachtales, hat Geschichte – eine kaiserliche sogar, denn sie war in der Monarchie ein bevorzugtes Jagdgebiet des Herrscherhauses. Jagdschloss, Jagdsteige, Kirche und Bergnamen erinnern daran, dass hier einst der Adel Ruhe und Erholung gefunden hat.

 

Heute ist die Radmer noch immer ein Paradies für alle, welche die Stille lieben. Mit kurzen Anstiegen (1-2 Std.) sind zum Beispiel vier herrlich gelegene Almen zu erreichen, die den ganzen Sommer über bewirtschaftet sind und Wandernde mit ihren Spezialitäten gerne verwöhnen. Auf einer beschaulichen Rundtour von Alm zu Alm (Kammerl-, Seekar-, Schafböden-, Neuburgalm) lassen sich landschaftlicher und kulinarischer Genuss harmonisch verbinden.

 

Das steirische Matterhorn und seine Nachbargipfel

Die Radmer kann aber auch mit interessanten Gipfeln aufwarten: Böse Mauer, Zeiritzkampel, Lahnerleitenspitze und Rotwandköpfl bieten abwechslungsreiche Anstiege und Überschreitungen. Die beherrschende und schönste Berggestalt jedoch ist der Lugauer – das „steirische Matterhorn“. Der kürzeste und schönste Anstieg führt aus der Radmer in vier Stunden über den G’spitzten Stein und die Lugauerplan zum luftigen Südwest-Gipfel (2217 m). Trittsicherheit und Schwindelfreiheit sind gefragt. Die Eindrücke steigern sich noch, wenn man eine Überschreitung zum Nordost-Gipfel (2206 m) macht. Die Scharte zwischen beiden Gipfeln ist mit Seilen versichert, der Abstieg über Schrofengelände zum Polstersattel und in die Radmer spärlich markiert.  

 

Familienparadies Eisenerzer Ramsau

Die Eisenerzer Ramsau ist ein landschaftlich reizvolles Hochtal – ein Wanderparadies, in dem sich Donnersalpe, Kragelschinken, Hoch- und  Teicheneggalm mit kurzen Anstiegen (600–700 Hm, 2 Std.) als ideale Familienziele anbieten. Wer Lust auf „ordentliche“ Bergtouren hat, findet mit Wildfeld, Stadlstein und Kaiserschild auch anspruchsvollere Gipfel mit eindrucksvollen Tiefblicken auf Eisenerz und den Erzberg.

 

Und wenn die Sonne einmal ausbleibt? In der Erzbergregion kann man auch im Inneren der Berge Spannendes erleben. Zum Beispiel in der 644 m langen Frauenmauerhöhle, deren Durchquerung (45 Min., Höhlenführer!) sich mit einer sehr schönen Wanderung vom Präbichl in die Gsoll verbinden lässt. Oder im Kupferschaubergwerk „Paradeisstollen“ in der Radmer mit der kleinsten Stollenbahn Österreichs und täglichen Führungen. Und natürlich im unterirdischen Labyrinth alter Stollen im Erzberg, das man im Rahmen von Führungen erkunden kann.

 

Kletterspaß in der Halle ermöglichen die Naturfreunde Eisenerz: Sie betreiben im Jugend- und Familiengästehaus Eisenerz eine attraktive Kletterwand sowie einen Boulderraum und bieten Kletterkurse und Leihausrüstung an (www.naturfreundeeisenerz.at/kletterwand/kletterwand.htm).

 

Baden und biken

Und an wirklich heißen Sommertagen: Nichts wie aufs Mountainbike und über eine der gut beschilderten Mountainbike-Routen zum Leopoldsteiner See! Badezeug nicht vergessen, denn dort liegt einer der schönsten „Badestrände“ in den steirischen Bergen: eine weiße Schotterbucht inmitten einer herrlichen Bergkulisse. Kaltes, klares Wasser bis auf den Grund!

 

Das gibt es auch beim „Wassermannloch“. Wie wär’s auf der Rückfahrt mit einem kleinen Abstecher dorthin? Auf Kurzbesuch sozusagen …

 

Text und Fotos: Siegbald S. Zeller, Bergbuchautor und Mitglied der Alpinistengilde der Naturfreunde Steiermark

 

Den kompletten Artikel finden im Naturfreund 3/2012 und in den Downloads zum Downloaden!

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