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Freier Zugang zur Natur

Präsentation der Studie Ende April 2022: Moderatorin Mag. Juliane Nagiller, Dr. Wolfgang Schnabl, Vizepräsident des Alpenvereins, Mag. Andreas Schieder, Naturfreunde Österreich, Renate Anderl, Präsidentin der Arbeiterkammer Wien und der Bundesarbeitskammer (v.l.n.r.)
Nicht erst seit der Corona-Pandemie weiß man, wie wichtig Aufenthalte in der Natur für die Gesundheit sind. Doch eine neue Studie zeigt, dass in Österreich der freie Zugang zur Natur besser abgesichert werden sollte.

Text: DIin Regina Hrbek, Leiterin der Abteilung Natur-, Umweltschutz und Hüttenmanagement der Naturfreunde Österreich

 

Zeit in der Natur zu verbringen liegt seit einigen Jahren voll im Trend. Die Corona-Pandemie und die damit verbundenen (Reise-)Einschränkungen haben diese Entwicklung verstärkt. Egal, ob im Wald, in den Bergen oder an den Seen – immer mehr Menschen zieht es in ihrer Freizeit in der Natur. Die Naturfreunde Österreich sehen das sehr positiv: Sich in der Natur zu bewegen macht nicht nur Spaß, sondern ist auch die beste Gesundheitsvorsorge. Aufgrund der zunehmenden Freizeitaktivitäten in der Natur kommt es allerdings immer wieder zu Konflikten zwischen Erholungsuchenden sowie Grundeigentümerinnen und Grundeigentümern. Seit Jahren beobachten die Naturfreunde, dass versucht wird, den freien Zugang zur Natur einzuschränken, etwa mit ungerechtfertigten Wegesperren. Die Naturfreunde setzen sich seit ihrer Gründung vor 127 Jahren für das freie Wegerecht im Bergland ein. Öffentliche Wege, die schon immer zum Wandern benutzt wurden, dürfen nicht dauerhaft gesperrt werden. Für diese Grundeinstellung steht auch der Naturfreunde-Gruß „Berg frei!“.

 

 

Studie „Recht auf Natur – Freier Zugang zur Natur“

Die Naturfreunde Österreich beauftragten gemeinsam mit den neun Länder-Arbeiterkammern und dem Österreichischen Alpenverein das Institut für Zivilrecht der Universität Innsbruck mit dem Erstellen einer Studie, um herauszufinden, wie man den freien Zugang zur Natur im österreichischen Recht stärker verankern könnte. Ziel der Studie war es, festzulegen, wie ein maßvoller Zugang zur Natur im Interesse der Allgemeinheit in Österreich rechtlich aussehen sollte, sowie das „Recht auf freien Zugang zur Natur“ anhand der Leitfrage „Wie kann Erholungsuchenden der freie Zugang zur Natur gesichert werden?“ zu thematisieren. Die Autorin/Autoren der Studie sollten sich auch mit der Situation in anderen europäischen Regionen, vor allem in Skandinavien und Bayern, beschäftigen.

 

Beispiel Bayern

In Bayern ist in der Verfassung ein Grundrecht auf Naturgenuss verankert. Damit sind Wandern, Joggen, Nordic Walking, Langlaufen, Schifahren, Skaten, Schlittschuhlaufen, Rodeln, Drachensteigenlassen, Klettern, Reiten und Radfahren in der freien Natur, also in Wäldern, auf Bergwiesen, an Felsen und im Ödland, gestattet. Schitourengeher*innen dürfen von der Benutzung von Schipisten nicht ausgesperrt werden, weil Schipisten trotz technischer Bodenveränderungen immer noch Teil der freien Natur sind. Auch das Baden in Seen und Flüssen ist überall erlaubt. Prinzipiell ist auf einen sorgsamen Umgang mit der Natur zu achten. In Naturschutzgebieten haben Erholungsuchende spezielle Vorschriften einzuhalten.

 

Das Betreten der freien Natur erfolgt auf eigene Gefahr. Nur im Falle von atypischen Gefahren haftet die/der Grundeigentümer*in.

 

 

Präsentation der Studienergebnisse

Die von Univ.-Prof. Dr. Michael Ganner (Zivilrechtsexperte), em. o. Univ.-Prof. Dr. Karl Weber (Verfassungsexperte), Dr. Wolfgang Stock (Experte für Freizeitrecht) und Dr.in Samantha Pechtl (ehemalige Doktorandin des Instituts für Zivilrecht, Uni Innsbruck) erarbeitete Studie „Recht auf Natur - Freier Zugang zur Natur“ wurde am 29. April 2022 in Wien vorgestellt. Die Studie zeigt zahlreiche Möglichkeiten für rechtliche Verbesserungen für Erholungsuchende auf und moniert, dass die aktuelle österreichische Rechtslage bezüglich des Zugangs zur Natur unzureichend ist. Es gibt zwar zahlreiche Bestimmungen, die der Bevölkerung recht weitgehenden Zugang zur Natur garantieren, aber vielfach bestehen Rechtslücken, die nur durch Interpretationen geschlossen werden können. Dort, wo ein Zugangsrecht besteht, wird es durch zahlreiche Ausnahmebestimmungen und Beschränkungsmöglichkeiten durchlöchert.

Michael Ganner brachte es im Rahmen der Präsentation der Studie mit einem ein wenig abgeänderten Zitat von Jean-Jacques Rousseau auf den Punkt: „Die Welt gehört niemandem, die Früchte gehören allen.“

 

Das Betretungsrecht in Deutschland beispielsweise entspringt der Sozialpflichtigkeit des Eigentums und schafft damit für die erholungsuchende Bevölkerung Rechtssicherheit. Der Gebrauch des Eigentums soll dem Gemeinwohl nicht zuwiderlaufen, sondern ihm zugutekommen. Daran sollte sich auch das österreichische Privatrecht orientieren. Dem Allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuch (ABGB) aus dem Jahr 1812 würde insofern eine Modernisierung sehr guttun. Das Bedürfnis nach Zugang zur und Nutzung der Natur wäre davon genauso positiv betroffen wie etwa das Recht auf leistbares Wohnen.

Die Naturfreunde werden sich jedenfalls auch weiterhin vehement für ein konstruktives und respektvolles Miteinander am Berg sowie für einen grundsätzlich freien Zugang zur Natur für Erholungszwecke einsetzen. Sie werden gemeinsam mit der Arbeiterkammer und dem Alpenverein dafür kämpfen, dass der Zutritt zur Natur nicht weiter eingeschränkt wird, und fordern die österreichische Politik auf, ein Grundrecht auf Natur in der österreichischen Verfassung zu verankern.

 

Hier findest du alle in der Studie vorgeschlagenen Rechtsänderungen samt Verfassungsbestimmungen sowie die gesamte Studie zum Downloaden >.

 

Zum Nachlesen

Natur & Gesundheit

Sich bewegen, entspannen, wohlfühlen!

 

Aufenthalte und vor allem Bewegung in der Natur sind für uns lebenswichtig. Sie wirken u. a. lebensverlängernd und beruhigend, stärken unser Immunsystem und unsere Seele, sorgen für einen natürlichen Tag-Nacht-Rhythmus und für einen gut funktionierenden Kreislauf. In der 26-seitigen Naturfreunde-Broschüre „Natur & Gesundheit“ findest du viele Informationen darüber, warum Bewegung in der Natur für unsere Gesundheit so wichtig ist und wie man ohne viel Aufwand mehr Bewegung in seinen Alltag bringt.

 


 

 

Dr. Wolfgang Stock

Berg frei – Weg frei?!

Die 34-seitige Naturfreunde-Broschüre „Berg frei - Weg frei?!“ ist ein Leitfaden für alle, die im freien Gelände unterwegs sind. Sie bietet einen Überblick darüber, was man machen darf und was nicht. Der Rechtsexperte Dr. Wolfgang Stock geht auf alle Bereiche ein, in denen man zu Fuß, per Rad, mit Schiern oder Booten unterwegs sein kann - angefangen von Straßen und Wegen bis hin zu Almen, Wild- und Naturschutzgebieten.

 

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