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„Jedermann“ im Gasteiner Tal

Das Hofgasteinerhaus der Naturfreunde auf dem Sonnenbalkon der Schlossalm ist bei Skifahrern für den Einkehrschwung sehr beliebt. Aber auch in der Wanderzeit bietet sich dieses Schutzhaus als lohnendes Ziel und Urlaubsquartier an.

„Jedermann“ lautet die Parole für den kurzen sommerlichen Kulturbetrieb in der Stadt Salzburg. Im Gasteiner Tal hingegen gibt man – unabhängig von der Festspielzeit – einen „Jedermann“ ganz anderer Art. Dieser spielt sich auf der Naturbühne zwischen Dorfgastein und Sportgastein ab; sein Motto: Wanderungen für jedermann (natürlich sind beide Geschlechter gemeint).

 

Im Folgenden werde ich einige eher gemütliche Wanderrouten durch herrliche Natur vorstellen. Sie liegen in Tourengebieten, in denen man mittels Bergbahnen schnell in die Hochregion gelangt. Damit kann man ohne große Mühen auch hochalpine Erlebnisse genießen. Diese Routen sind auch für Kinder ab dem Volksschulalter gut geeignet, weil sie nicht zu anstrengend sind und immer wieder Abwechslung bieten.

 

Unterwegs als Gipfelstürmer

So freundlich die Schlossalm in ihrer weitläufigen Hangmulde liegt, weisen die scharfen Bergspitzen im Hintergrund doch eindeutig darauf hin, dass wir uns in alpinem Gelände befinden. Beim Wandern im Frühsommer ist daher auf steile Schneefelder zu achten, im Herbst auf allenfalls im Schatten liegen gebliebenen Neuschnee. Das gilt vor allem für die Gipfeltouren!

 

Wie kommt man nun zum Hofgasteinerhaus? Am einfachsten geht es mit dem Schrägaufzug von Bad Hofgastein bis zur Mittelstation bei der Kitzsteinalm und mit der anschließenden Gondelbahn zur Bergstation „Kleine Scharte“ bereits auf knapp 2000 m. Von hier führt ein bequemer Weg leicht bergab zum nicht weit entfernten Naturfreunde-Haus.

Als „Hüttengipfel“ lockt der nahe, 2373 m hohe Mauskarkopf, mit seinen steilen Grasflanken und Felsrippen recht zünftig wirkend. Aber wenn die Verhältnisse passen (am besten lässt man sich in der Schutzhütte beraten), soll es ja noch höher hinauf auf die Türchlwand gehen. Diese verbirgt sich hinter einem langgestreckten Grat mit dem bezeichnenden Namen Siebenspitz. Die dort hoch oben eingesenkte Scharte ist von zerklüftetem Blockwerk erfüllt und allein schon den Aufstieg wert.

 

Gipfelwärts beginnt nun die interessanteste Strecke der Tour, auf schmalen Pfaden die Steilhänge entlang. Das überall „luftige“ Gelände ist für geübte und schwindelfreie Wanderer nirgends schwierig, bietet aber doch ein stets spannendes Steigen durch großartige Landschaft. Über eine kurze Steilstufe wird das „Gipfeldach“ erklommen, und auf dem 2577 m hohen First der Türchlwand steht man über Schwindel erregenden, gegen das Rauriser Tal abbrechenden Felsmauern. Von diesem großartigen Panoramaplatz lassen sich sämtliche Dreitausender der östlichen Tauern und die Kalkalpen vom Dachstein bis zum Wilden Kaiser überblicken.

 

Gehzeit: insgesamt ca. 4 Stunden

 

 

Almbummeln bergab vom Hofgasteinerhaus

Zwischen Schlossalm und Mittelstation bewegt man sich in gemütlichem, problemlosem Wandergelände – ideal mit Kindern! – und kann mit der Gondelbahn zum Ausgangspunkt beim Naturfreunde-Haus zurückkehren.

 

Auf der „Sonnseite“ verläuft folgende Abstiegsrunde: Zuerst werden die weitläufigeren Hänge der oberen Schlossalm südwärts gequert. Ab der Bergstation der geschlossenen Kaserebenbahn folgt ein gemütliches Bergab über die dicht begrünte Skipiste, deren Ränder überraschend blumenreich sind. Die überwältigende Aussicht reicht vom Tauernhauptkamm mit dem Ankogel über die Tischlerkarspitzen und die Steilabbrüche des Gamskarkogels bis zum Hochkönig. Wo eine Almstraße den Rücken quert, wandert man links hinab zur unteren Schlossalm und auf der breiten Trasse der Skiabfahrt mit ihren üppig bewachsenen Böschungen durch den Bergwald zur Mittelstation hinunter.

 

Gehzeit: 2,5–3,5 Stunden

 

Auf mehr unberührte Natur trifft man bei der Abstiegsrunde an der „Schattseite“: von der Bergstation über die „Kleine Scharte“, vorbei an der zackigen Hirschwandspitze (2119 m), und durch weite Kare zur Brandner Hochalm. Von der Almstraße bald abzweigend geht es auf dem markierten Hangweg Nr. 110 A zur Mittelstation Kitzstein.

 

Gehzeit: ca. 3 Stunden

 

Wer weiter ins Tal hinab will, wählt die folgende, etwas weitläufigere Tour: Sie führt an der „Sonnseite“, nach Querung der oberen Schlossalm, nahe der Kasereben-Bergstation vom Hochbergriedel über den Hermann-Kreilinger-Steig weiter (auch Salzburger Almenweg, hier eine Stelle nur für Geübte). Inmitten der Bergwiesen gibt es besonders schöne Heidekrautböden samt Blick auf den Rauriser Ritterkopf und sogar auf das hinter dem breiten Silberpfennig aufragende Schareck. Durch steiles Gelände quert der Steig zur Rockfeldalm und führt hinab ins Angertal. Dorthin geht es, allerdings mit einer Gegensteigung, auf weitläufigen Almstraßen über die Stubner Hütte und den Karteisenwald zum „Goldwaschplatz“ und hinaus ins Skizentrum Angertal (Rückfahrt über Bad Hofgastein zur Schlossalmbahn, vorher unbedingt Auskunft über Busverkehr einholen!).

 

Gehzeit: ca. 4 Stunden

 

Rund um die Schwarzwand

Diese Tour bietet im Gegensatz zur immer gut besuchten Schlossalm vor allem Einsamkeit in einer naturbelassenen Landschaft. Man kann mit dem Auto auf dem Alm-Güterweg (neben dem Bahnhof Bad Hofgastein abzweigend über Breitenberg; für die Maut fünf Euro in Münzen mitnehmen!) bis zur Biberalm (1736 m) fahren und hat damit schon die Waldgrenze erreicht. Von hier geht es hinauf zum Wetterkreuz, wo sich ein besonders schöner Blick ins Gasteiner Tal öffnet. Dann quert man durch die weiten Kare an der Nordseite der Schwarzwand bis zu einem Rastplatz des gut markierten Salzburger Almenweges bei einer Wegkreuzung. Der Übergang südwärts über die Scharte zwischen Scheiblingkopf und Schwarzwand ist nur spärlich markiert – eine kleine Herausforderung für Pfadsucher und Bergerlebnis pur! Nach dem Steilabstieg zur Schmaranz- oder Wiedner Alm folgt ein Stück Almstraße; doch noch vor dem Waldrand (und dem Almtor) weist ein deutlicher Steig links steil hinauf zur Biberalm, wo man das Auto abgestellt hat.

 

Gehzeit: ca. 3 Stunden

 

Ein luftiger Gipfel: der Schuhflicker

Früher, als man noch mit genagelten Goiserern in den Bergen unterwegs war, hätte man sich vor dieser Tour seine Schuhe doppeln lassen müssen. Heute braucht man jedoch nicht mehr vom Tal aus aufzusteigen: Die neuen, eigentlich für den Wintersport angelegten Bergbahnen ermöglichen Genusswanderungen auch zu hohen Bergzielen. So gelangt man von Dorfgastein auf das aussichtsreiche Fulseck, wo ein gemütlicher Kammweg nordwärts ins Arltörl hinabführt, ein uralter Übergang aus dem Gasteiner Tal nach Großarl mit einer kleinen Kapelle auf 1797 m. Der nun folgende Gipfelanstieg wird immer steiler und führt zuletzt zwischen schroffen Kalkklippen auf den luftigen Schuhflicker (2214 m).

Diese auch Arlspitze genannte markante Berggestalt ähnelt dem Landschaftsbild des Kalkgebirges; sie gehört aber nicht zu den nördlich der Salzach aufragenden Kalkalpen. Sie besteht nämlich aus den sogenannten Klammkalken am Nordrand der Hohen Tauern (benannt nach der Liechtenstein- und der Kitzlochklamm).

 

Zum Arltörl zurückgekehrt, nimmt man den durch urigen Bergwald direkt hinüber zur Grabneralm führenden Steig und gelangt weiter zur Mittelstation der Fulseck-Bahn. Diese Route verspricht eine Feinschmecker-Wanderung mit einem leicht hochalpinen „Kick“ und bietet überdies traumhafte Ausblicke zu den Radstädter Tauern und auf den Hauptkamm der Hohen Tauern bis hin zum Großglockner.

 

Gehzeit: 3,5–4 Stunden

 

Bockhartsee und Silberpfennig

Schon der Name des 2600 m hohen Silberpfennigs weist auf das uralte Bergbaugebiet der Goldberggruppe rund um den nahen Rauriser Sonnblick hin. Die abgelegenen und unwegsamen Kare des eher einsamen Gipfels sind auch ein Geheimtipp für Kristallsucher. Die beliebte Höhentour in das Bockhart-Hochtal mit anschließendem Aufstieg zum Silberpfennig wird vor allem von der Bergstation der Stubnerkogel-Seilbahn über den Zittauer Tisch gemacht (Abstieg nach Sportgastein und Rückfahrt mit dem Bus nach Bad Gastein).

 

Gehzeit: ca. 7 Stunden

 

Als „klassische“ Gipfeltour wählt man jedoch die ebenso lohnende Route von Sportgastein her (Mautstraße von Böckstein, Busverkehr). Vom Ausgangspunkt nahe der Kreuzkogel-Bahn-Talstation im fast 1600 m hoch gelegenen Nassfeld geht es gleich zünftig nordwärts in eine bedrohlich wirkende Felswildnis hinauf. Doch nach der ersten anstrengenden Stunde folgt nur mehr ein gemütliches Dahinwandern in einmalig schöner und unberührter Landschaft. Von der Bockhartsee-Hütte quert der Steig hoch über dem Unteren Bockhartsee (Stausee) in den weiten Karboden beim Oberen Bockhartsee. Alte Stollenportale und für Steinsammler nicht uninteressante Abraumhalden lassen hier das einst so ergiebige Reich der Bergknappen erahnen. Ohne größere Anstrengung gelangt man zur Bockhartscharte (2226 m) und hat hier einen Traumblick auf Schareck, Sonnblick und Hocharn, die den Talkessel von Kolm-Saigurn umschließen.

Nach 700 m Höhenunterschied könnte man die Tour auf dem nahen „Schartenkopf“ zufrieden beenden. Wer aber zu den bisherigen gut 2,5 Stunden Gehzeit noch einmal die halbe Zeit dazulegt, landet schließlich doch auf dem Silberpfennig und damit auf einem überaus zünftigen Tauerngipfel.

 

Gehzeit: 4–5 Stunden

 

 

Text von Bernhard Baumgartner, Fotos von Anni und Bernhard Baumgartner, www.wandertipp.at/bernhardbaumgartner/

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