„Das Bergerlebnis muss sicherer werden, denn jeder Mensch, der in den Bergen verunglückt oder sein Leben verliert, ist einer zu viel. Wir wollen Bergunfälle reduzieren, damit persönliches Leid verhindern und Unfallkosten senken“. So formuliert Bundesgeschäftsführer Reinhard Dayer das Ziel der Naturfreunde-Sicherheitskampagne 2013 „No reset am Berg“, die heute in Zusammenarbeit mit der Wr. Städtischen Versicherung gestartet und in einem Pressegespräch in Wien vorgestellt wurde.
Schon das Kampagnenlogo bzw. das Motto der Sicherheitsaktion „No reset am Berg“ soll laut Reinhard Dayer bewusst machen, dass das Erlebnis am Berg kein Spiel ist. Am Berg kann man kein Missgeschick ungeschehen machen. Hier gibt es keine Reset-Taste wie bei einem Computerspiel, die man einfach drückt, um wieder an den Start zu kommen. Die Natur und die Berge verzeihen keine Fehler.
Ein Paradigmenwechsel hin zu naturnaher Sportausübung und Freizeitgestaltung hat in den letzten Jahren einen Boom beim Wandern und Sportklettern, sowie beim Klettersteig- und Skitourengehen ausgelöst. Das alpine Unfallgeschehen ist dazu leider die negative Begleiterscheinung. Während die Unfallzahlen und Unfalltoten im Straßenverkehr erfreulicherweise rückläufig sind, ist dieser Trend bei den Bergunfällen nicht erkennbar.
Für die Naturfreunde Österreich als alpine Fachorganisation steht fest, dass nicht die Berge den Bergsport gefährlich machen, sondern die Menschen bringen sich selbst immer wieder in gefährliche Situationen. Die Unfallursachen sind zumeist Überschätzung der eigenen Fähigkeiten, mangelndes Wissen über die Wettersituation und Lawinengefahr, sowie sehr oft purer Leichtsinn.
Dieser Leichtsinn begründet sich auch immer häufiger dadurch, dass die Menschen sehr oft mit dem Wissen im Hinterkopf in die Berge gehen, dass sie mit der Bergrettung, dem Rettungshubschrauber und einer Freizeit-Unfallversicherung ohnedies ein gut organisiertes Sicherheitsnetz im Hintergrund haben. (Wenn i nimmer weiter kann, dann ruf i den Heli an).
Die Naturfreunde Österreich werden mit ihrer Sicherheitskampagne „No reset am Berg“ nicht mit erhobenem Zeigefinger agieren, sondern wollen laut ihrem Kampagnenleiter Reinhard Dayer, die bergsportbegeisterte Öffentlichkeit für ein Bewusstsein gewinnen, gut vorbereitet in die Berge zu gehen. Denn nur mit dem nötigen Rüstzeug können die Berge eindrucksvoll, lustvoll und nachhaltig erlebt werden. Mehr Eigenverantwortung muss dabei zur Selbstverständlichkeit werden, um sich selbst, andere BergkameradInnen und Rettungskräfte nicht in Gefahr zu bringen.
Peter Kalteis, stellvertretender Bundesvorsitzender der Naturfreunde und erfolgreicher Höhenbergsteiger, skizziert die 50 Sicherheitstage, die in den Bereichen Wandern und Sportklettern, sowie Klettersteig- und Skitourengehen von den Naturfreunden im Rahmen der „No reset am Berg“-Kampagne österreichweit im Jahr 2013 veranstaltet werden.
„Diese sind mir ein besonderes Anliegen, weil wir damit im Gelände und in unseren Kletterhallen mit praktischen Übungen vermitteln können, wie wichtig es ist, die Grundbegriffe für ein sicheres Berg- und Klettererlebnis zu beherrschen. Gefahren sollen rechtzeitig erkannt und richtige Schlüsse zur Unfallvermeidung gezogen werden“.
Die Sicherheitstage sind für rund 1.000 Teilnehmer konzipiert, die von hoch qualifizierten Naturfreunde-InstruktorInnen und BergführerInnen betreut werden. Der finanzielle Wert eines Sicherheitstages liegt bei 85,- Euro. Die Teilnahme ist kostenlos. Die Kosten werden von den Naturfreunden und der Wr. Städtischen getragen. Im Rahmen der Kampagne „No reset am Berg“ gibt es auch einen Flyer mit praktischen Sicherheitstipps, ein Aktionsplakat und Inseratenschaltungen.
Peter Kalteis: „Ich lade alpine Einsteiger wie Profis zu den Naturfreunde-Sicherheitstagen herzlich ein. Die Sicherheitstage sollen aber auch Lust auf eine Vertiefung des Gelernten in den über 2.000 Ausbildungskursen, die jährlich von den Naturfreunde-Ortsgruppen, Landesorganisationen und der Bundesorganisation angeboten werden“.
Die Kampagne „No reset am Berg“ sollte helfen nachstehende Ereignisse zu verhindern:
Fall 1: Eine Familie (2 Erwachsene und ein Kind) wollte eine einfache, aber lange Klettertour machen. Sie starteten aber erst am frühen Nachmittag (zu dieser Zeit sollte man von einer Tour bereits wieder zurück sein!). Sie mussten aus Zeitmangel umdrehen, kamen dabei aber in die Dunkelheit. Da sie auch keine Stirnlampe dabei hatten, war der selbständige Abstieg nicht mehr möglich. Per Handy riefen sie die Bergrettung. Ein paar Stunden zuvor war der Ortsstellenleiter der Bergrettung zufällig auch in dem Gebiet unterwegs (beim Abstieg) und traf die aufsteigende Familie, sprach diese an und empfahl von dem geplanten Unternehmen abzusehen.
Fall 2: Ein Bergsteiger ist alleine in einen langen und schwierigen Klettersteig eingestiegen. Er schaffte es jedoch nicht, die Schlüsselstelle (die schwierigste Stelle einer Tour) zu bewältigen. Den Abstieg traute er sich offensichtlich auch nicht zu und rief daher die Bergrettung. Der Alleingänger wurde mittels Hubschrauber geborgen.
Zwei Wochen später wurde wieder die Bergrettung alarmiert: Am selben Klettersteig und an der gleichen Stelle konnte ein Bergsteiger nicht mehr weiter - es war auch wieder derselbe Bergsteiger.
Fall 3:
Wanderer verirrten sich im Bereich eines Wanderweges, im steilen Waldgelände. Beim Absetzen des Notrufs beschreiben sie ihren Standort: „Wir sind unter einer Seilbahn und können sowohl die Berg- als auch die Talstation sehen – wo sind wir?“
Die Bergrettung konnte das natürlich so genau auch nicht wissen. Eine Karte hätte hier aber sehr geholfen.
Dr. Karl Gabl
Präsident des Kuratoriums für Alpine Sicherheit, Innsbruck Alpines Unfallgeschehen
In Salzburg, Vorarlberg und Tirol deutlich mehr Bergtote als Verkehrstote
Jährlich sterben in Österreichs Bergen rund 300 Menschen. In Salzburg, Vorarlberg und Tirol gibt es deutlich mehr Bergtote als Verkehrstote. Im Gegensatz zum abnehmenden Trend der Todesfälle auf der Straße bleibt die Zahl der Toten im Gebirge um einen Mittelwert konstant.
Die aktuellen Unfallzahlen für den Winter 2012/2013 (Stichtag 06.03.) zeigen, dass die Zahl der Verletzungen beim Skisport gegenüber dem vergangenen Winter um 20 % zurückgegangen ist. Dem gegenüber steht aber eine deutlich höhere Anzahl von tödlich Verunglückten im organisierten Skiraum. Bis Ende Februar starben in diesem Winter schon 27 Menschen, letztes Jahr waren es im gleichen Zeitraum lediglich 19 Tote. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass in etwa die Hälfte der Todesfälle auf ein Herz-Kreislauf-Versagen zurückzuführen ist.
Bis gestern, 06.03., starben 17 Menschen den weißen Tod. Im vergangenen Jahr waren es zum gleichen Zeitpunkt 14 Menschen. Jeder Lawinentote ist ein Toter zu viel! Hier gilt es weiter, durch Aufklärung und Präventionsmaßnahmen Verschüttungen durch Lawinen vorzubeugen.
Wandern scheint der gefährlichste Bergsport zu sein. Ein Drittel der Bergtoten findet man in dieser Disziplin. Die Hälfte der Toten ist beim Wandern auf kardiovaskuläre Notfälle zurückzuführen. Neben dem Herz-Kreislauf-Versagen sind Sturz, Stolpern und Ausgleiten nahezu in der Hälfte der Fälle für den Tod beim Wandern verantwortlich.
Das Österreichische Kuratorium für Alpine Sicherheit hat sich zum Ziel gesetzt, die Risiken und Gefahren beim Bergsport zu minimieren und möchte bei dieser Pressekonferenz zwei Appelle an die Öffentlichkeit richten:
Zahlreiche Unfälle in diesem Winter mit Todesfolge beruhen auf einer Missachtung der Prognosen. In diesem Zusammenhang der Appell, bei Schneefall und schlechter Sicht nicht allein unterwegs zu sein.
Drei – zum Teil – tragische Ereignisse aus diesem Winter:
Diese Beispiele zeigen: Man muss das Tourenziel dem Wetter anpassen und sollte nicht allein unterwegs sein. Im winterlichen Gebirge ist nur eine rasche Hilfe effizient!
Gerlinde Kaltenbrunner
Expeditionsbergsteigerin und Schutzherrin der Kampagne
Sicherheit ist eine Überlebensstrategie
„Am Berg gibt‘s kein Experimentieren – Nützen Sie die Chance, von Profis zu lernen!“
Gerlinde Kaltenbrunner, derzeit weltbeste Höhenbergsteigerin und Mitglied der Alpinistengilde der Naturfreunde Österreich
Als erste Frau der Welt hat es Gerlinde Kaltenbrunner geschafft, ohne Zuhilfenahme von künstlichem Sauerstoff alle 14 Achttausender zu besteigen. Der K2 war 2011 der letzte Meilenstein auf diesem harten Weg. Die sympathische Oberösterreicherin zählt zu den absoluten Weltstars der Alpinszene und hat mit ihrer unglaublichen Besteigung des K2-Gipfels (8611 m, Nordpfeiler) Bergsteigergeschichte geschrieben.
„Die Liebe zur Bergwelt entdeckte ich bereits in jungen Jahren. Mit den Naturfreunden verbindet mich eine langjährige Freundschaft. Ich bin seit 1993 Mitglied der Alpinistengilde der Naturfreunde und habe meine ersten Expeditionen mit ihnen unternommen. Durch die alpine Kompetenz, die fundierten Ausbildungen, Kurse und Trainings der Naturfreunde war ich stets sicher in den Bergen unterwegs. Sie gaben mir das Rüstzeug für unfallfreie
Touren.“
Außergewöhnliches bergsteigerisches Können, ein eiserner Wille, eine stets richtige Risikoeinschätzung, vor allem aber eine positive, freudvolle Lebenseinstellung sowie eine mentale Stärke, die Gerlinde mehrmals bewiesen hat, führten letztlich zum so erhofften und vergönnten Erfolg. Gipfelsiege begleiteten sie dabei genauso wie der Mut zur Umkehr.
„Umkehren, wenn auch kurz vorm Ziel – erfordert Klarheit und Respekt vor dem eigenen Leben. In solchen Situationen führte ich mir immer vor Augen: Oberste Priorität hat unsere sichere und gesunde Rückkehr, alles andere ist zweitrangig. Sicherheit am Berg ist oberstes Gebot der Naturfreunde und ein wichtiger Beitrag, Freizeitunfälle zu vermeiden, daher unterstütze und befürworte ich die Kampagne der Naturfreunde Österreich „No reset am Berg“
Dr. Ralph Müller
Vorstandsdirektor der Wiener Städtischen Versicherung
Prävention ist ein Teil eines gesamtheitlichen Gesundheitskonzeptes
„Die Kampagne ´No reset am Berg´ ist eine richtungweisende Initiative für mehr Sicherheit bei allen alpinen Freizeitaktivitäten. Wir von der Wiener Städtischen waren vom ersten Moment an bereit, sie als Partner zu unterstützen. Als einer der größten Unfallversicherer Österreichs ist es nicht nur unsere Aufgabe, unseren Kundinnen und Kunden zur Seite zu stehen, wenn etwas passiert. In die Sicherheit am Berg zu investieren, ist für uns wichtig. Im letzten Jahr hat die private Unfallversicherungswirtschaft rund EUR 10 Mio. an Bergekosten - für Berg- und Skiunfälle - geleistet. Seit einigen Jahren ist die Tendenz in diesem Bereich stark steigend.
Wir sehen es daher ebenso in unserer Verantwortung, intensiv in die Prävention zu investieren, denn diese bildet einen essentiellen Teil eines gesamtheitlichen Gesundheitskonzeptes.
Mit den Naturfreunden Österreich haben wir den perfekten Partner gefunden. Sie sind mit ihrer Expertise nahe an der Zielgruppe und können so eine nachhaltig positive Veränderung hin zu sinkenden Unfallzahlen und somit zu mehr Sicherheit in unseren Bergen bewirken“, erklärt Dr. Ralph Müller, Vorstandsdirektor der Wiener Städtischen Versicherung.