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Radwege in Vorarlberg

Ein ganzes Bundesland in nur einer Woche kennenlernen? Mit dem Fahrrad? Ja, das geht, und zwar in Vorarlberg. Dort ziehen sich abwechslungsreiche Radwege durch die Täler. Wer es sportlicher mag, bezwingt einen der Alpenpässe. Doch wo ist es am schönsten?

RadlerInnen, die sich am kopfsteingepflasterten Stadtplatz von Feldkirch auf den Sattel schwingen, haben die Wahl: Sie können das Furkajoch bezwingen, Richtung Montafon strampeln oder rüber in die Schweiz fahren.

 

Radweg Walgau-Rheintal

Ich entscheide mich für den einfach zu fahrenden Radweg Walgau-Rheintal, der zunächst der Ill Richtung Rhein folgt. Mein Rad rollt gemütlich zu Tal. Gen Norden weitet sich der Horizont; im Rücken schrumpfen die Gipfel. Vor mir liegt das Naturschutzgebiet Rheindelta. Es reicht von der Schweizer Grenze im Westen bis zur Mündung der Dornbirner Ach im Osten. 2000 Hektar mit Flachwasser, Schilfdickicht, Feuchtwiesen und Auwald - das Reich von über 330 Vogelarten.

Ich steuere die Bucht entlang und komme in eine andere Welt, zur Promenade von Bregenz. Fällt der Name, muss man sogleich an die Festspiele denken. Jeden Juli und August nehmen mehr als 200.000 BesucherInnen auf den Rängen am Bodensee Platz. Die Bauten für die Oper „Turandot“ ragen am Ufer auf: die Chinesische Mauer mit Türmen, bewacht von zweihundert Terrakotta-Kriegern. Jetzt im Juni inszeniert die tief stehende Abendsonne ein besonderes Schauspiel. Der See ist die Bühne, der hölzerne Pavillon mit seinen Tischen die Loge. Man prostet sich zu, einige schießen Fotos. Das Wasser wechselt ständig seine Farbe: Erst wellt es sich milchig grün, dann glänzt es golden, schließlich ist es schwarz wie Tinte.

 

Im Bregenzerwald

Am dritten Tag meiner Reise verlasse ich die Vorarlberger Landeshauptstadt und orientiere mich am Ortsrand an den Schildern des Radwegs Bregenzerwald, der in Bregenz beginnt.

Auf den Kuppen der Grasberge sitzen stattliche Bauernhöfe, umgeben von Wiesen. Diese Region ist dünn besiedelt, in den 22 Dörfern des Bregenzerwaldes leben nur 30.000 Menschen. Ab Alberschwende begleite ich die Bregenzer Ach. Dort ist das Tal eng, bietet nur Platz für einen Kiesweg, der die Trasse der ehemaligen Bregenzerwaldbahn nutzt. Beschauliche Dörfer kommen und gehen, sie heißen Mellau, Schoppernau, Schröcken und Warth. Dahinter zieht sich der Lech mit sanften Schwüngen in Richtung Deutschland. Ich wähle die Gegenrichtung und strample an seiner Seite tiefer ins Gebirge hinein. Das Wasser hat steile Flanken in die Hänge geschnitten, in die Tannen ihre Wurzeln krallen. Hinter dem Ferienort Lech erklimme ich den Flexen- und den Arlbergpass. Letzterer führt hinüber nach Tirol.

 

Auf der Abfahrt durch das Stanzertal ist die Luft drückend. Gen Norden stauen sich an den Lechtaler Alpen dunkle Wolken auf. Dann tobt in den Zweitausendern ein Gewitter. Ein böiger Wind jagt das Tal hinunter, fährt rauschend durch die Kronen der Laubbäume. Der Regen hört so plötzlich auf, wie er begonnen hat. Ich rolle weiter. Am Eingang des Paznauntals schalte ich am Fahrrad wieder ins kleine Ritzel. 42, kontinuierlich ansteigende Kilometer entfernt, kommt das Silvretta-Haus in Sicht. Es steht wie eine Forschungsstation in der Arktis einsam auf der Bielerhöhe. In 2037 m Höhe ist es still und kühl. Im Süden ruht der Silvretta-Stausee einer Arena gleich in den steil abfallenden Felswänden - darüber der Piz Buin (3312 m) im letzten Licht des Tages.

 

Von der Silvretta ins Montafon

Die Abfahrt über die Silvretta-Hochalpenstraße übertrifft den Anstieg. Kehre folgt auf Kehre. Sie bietet 47 km Fahrspaß. Heute Morgen, es ist ein sonniger Samstag, kommen mir scharenweise Rennradler entgegen. Einer davon ist Markus Fessler-Jenny. Er ist Mitte 40, arbeitet für Montafon-Tourismus und erinnert mich an den fünfmaligen Sieger der Tour de France Miguel Indurain. Markus ist mindestens 1,90 m groß, schlank und hat ein freundliches Lächeln. „Ich bin in aller früh auf die Bielerhöhe gestrampelt und habe dort eine Gästegruppe getroffen.“ Er wirkt frisch und sagt das so nebenbei, als wäre er mit dem Rad mal schnell Semmeln holen gefahren. Er begleitet mich auf der Abfahrt. Als das Gefälle allmählich ausläuft, wird es wieder heiß. Wir halten vor dem Tourismusbüro in Schruns. Markus reicht mir eine kühle Limo und zeigt mir auf einer Landkarte sein Reich. „Das Montafon wird im Süden von der Silvretta und dem Rätikon und im Norden von der Verwallgruppe begrenzt. Bei uns gibt es 270 km Rad-, Mountain- und E-Bike-Strecken. In den Sommermonaten bieten wir von Montag bis Samstag geführte Radtouren an.“

 

Von Bludenz nach Langen am Arlberg

Ich verabschiede mich von Markus und wende mich meinem nächsten Ziel zu: der Alpenstadt Bludenz. Sie liegt am Schnittpunkt von gleich fünf Tälern. Die verkehrsfreie Altstadt lädt mit ihren Lauben zum Bummeln und Schlemmen ein. Hier tanke ich Energie für die finale Steigung, denn auch das Klostertal ist für RadfahrerInnen gut aufgestellt. Zwischen den Wiesen und dem Fluss Alfenz klettert ein 26 km langer Radweg hinauf zum Bahnhof von Langen am Arlberg. Ich fahre durch die Siedlungen Braz, Dalaas und Klösterle. Schließlich halte ich an und werfe einen Blick ins Tal hinunter. Nadelbäume rahmen grüne Wiesen ein, darüber die gezackte Verwallgruppe.

Ich denke an die entspannte Route entlang der Ill, an den abwechslungsreichen Radweg durch den Bregenzerwald und an die Abfahrt durch das Montafon. Mein Fazit: Das schönste Tal gibt es nicht – Vorarlberg selbst verzaubert einen, mit seinen Bergen und Flüssen, seiner Architektur und dem Bodensee.

 

Text und Fotos: Thorsten Brönner, Autor, Fotograf und begeisterter Radfahrer

Ein ruhiger Weg führt zur Lechquelle
Nützliche Infos

Streckencharakter

 

Die Gebirgsstraßen sind asphaltiert und teils steil. In den Tälern genießt man meist ruhige Radwege.

Folgende Radwege sind beschildert: Bodensee-Radweg, Radweg Bregenzerwald, Radweg Walgau–Rheintal, Radweg Montafon und Radweg Klostertal.

 

 

Vorarlberg-Tourismus

Tel.: 05 57/23 77 03 30

www.vorarlberg.travel


 

Buchtipp:

 

Thorsten Brönner

Österreichs schönste Radfernwege

20 Touren

 

224 Seiten mit zahlreichen Fotos und Karten, Styria Regional, ISBN 978-3-7012-0211-9, 22,90 €

 

Dieser eben erschienene Band stellt 20 Radtouren vom Bodensee bis zum Neusiedler See vor. Idyllische Gewässer, Berge wie auf einer Postkarte - Österreich mit dem Fahrrad zu erleben ist ein Traum. Doch wohin? Entspannt neben einem Fluss oder See dahinrollen? Oder in den Alpen Höhenmeter sammeln? All das ist zwischen Vorarlberg und dem Burgenland mit dem Fahrrad möglich!

Thorsten Brönner hat alle neun Bundesländer bereist und präsentiert in diesem Buch mit schönen Fotos und detaillierten Streckenbeschreibungen die Vielfalt Österreichs.

 

Erhältlich im guten Buchhandel

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